Was wir von Djoković lernen können – nicht nur im Sport

TENNIS - ATP, Wimbledon 2016
TENNIS - ATP, Wimbledon 2016GEPA pictures
  • Drucken

Wir Tennisliebhaber jonglieren gern mit dem Begriff „Federer-Moment“ und machen ihn uns immer wieder zu eigen.

Ein Moment also, in dem Roger Federer in einer heiklen Phase des Spiels das Unmögliche möglich macht – für einen Punktgewinn etwa die Schwerkraft überwindet. Geprägt hat diesen Ausdruck ein amerikanischer Journalist auf dem Höhepunkt von Federers Karriere vor einigen Jahren, als der Schweizer nicht nur als unschlagbar galt, sondern mit seinen Schlägen die Fachwelt regelmäßig in Ekstase versetzte und viele junge Menschen zum Tennisspielen animierte. Zusammen mit Rafael Nadal dominierte er gut zehn Jahre lang die Tour und begründete die sogenannte Federer-Nadal-Ära mit.

In dieser Zeit passierte aber etwas Merkwürdiges, geradezu Sensationelles, das eigentlich auch einen eigenen Begriff verdient hätte. Nennen wir es das Djoković-Phänomen. Denn der 29-jährige Serbe Novak Djoković hat etwas geschafft, das als Musterbeispiel für Ehrgeiz, Kampfgeist und Beharrlichkeit Einzug in den Schulunterricht halten sollte. Er ist nämlich an der gnadenlosen Herrschaft von Federer und Nadal nicht zerbrochen, sondern hat durchgehalten, noch härter trainiert und sogar seine Ernährung komplett umgestellt. Um seit mittlerweile fünf Jahren seinerseits den Tenniszirkus anzuführen – und das, obwohl Federer und Nadal nach wie vor mehr oder weniger in Topform mitspielen.

Aus welchem Holz muss jemand geschnitzt sein, um während eines jahrelangen Schattendaseins nicht irgendwann zu resignieren, sondern aus der Not eine Tugend zu machen und gestärkt aus dieser Situation hervorzukommen? Eine Moral, die man nicht nur im Sport, sondern in vielen Lebenslagen anwenden – sozusagen den Djoković in sich entdecken – kann. Indem man sich immer dann, wenn eine Hürde unüberwindbar wirkt, vor Augen führt, in welch scheinbar aussichtsloser Lage sich Djoković einst befand. Und was aus ihm wurde. Wer Inspiration braucht – derzeit peilt er in Wimbledon den dritten Sieg in Folge an.

E-Mails an: koeksal.baltaci@diepresse.com

(Print-Ausgabe, 02.07.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.