Ein echtes Stück Österreich– mitten in Neukagran

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StadtbildWolfgang Freitag
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Lokalaugenschein an der Kreuzung Erzherzog-Karl-Straße/Arminenstraße.

Stehen ein Bezirksvorsteher, sein Pressesprecher und ein Chefinspektor der Polizei an einer Straßenecke. Sagt der Bezirksvorsteher: „So eine Scheißkreuzung.“ Der Pressesprecher nickt: „Beschissen.“ Und der Chefinspektor blickt chefinspektorisch dazu.

Dieser Sommertage in Wien. Lokalaugenschein an der Kreuzung Erzherzog-Karl-Straße/Arminenstraße, in die schräg seitlich und fatalerweise an selber Stelle auch die Industriestraße mündet. Der Anlass: eine „Stadtbild“-Kolumne von vergangenem Mai, einen tödlichen Verkehrsunfall betreffend – und die wohl nicht nur wienweit singuläre Situation, dass hier zwei einander querenden Straßenzügen von einer Ampel gleichzeitig freie Fahrt signalisiert wird. Das habe mit dem gegenständlichen Unfall nichts zu tun, wird rasch aufgeklärt; und ebenso rasch wird versichert – siehe oben –, man wisse, dass die Kreuzungssituation (in den Worten der amtszuständigen Magistratsabteilung) nicht optimal sei.

Das müsste nicht so bleiben. Es gebe sogar mehrere Ideen, den Kreuzungspallawatsch zu entwirren: etwa neue Einbahnregelungen, die das Durcheinander querender Verkehrsströme auflösen könnten. Nur leider: Jede der Maßnahmen zöge eine mehr oder minder große Zahl jeweils benachteiligter Autofahrer nach sich, die um den Preis einer halbwegs korrekt geregelten Kreuzung womöglich längere Verkehrswege hinnehmen müssten. Was jenen so lang nicht zu vermitteln sei, solange es auch ohne diese Intervention irgendwie gehe.

Ein echtes Stück Österreich, die Neukagraner Kreuzungsdinge. Reformen, deren Notwendigkeit jeder kennt und die dennoch seit Jahrzehnten ausbleiben, weil sich keiner die Finger dran verbrennen will: ein Grundmuster der Republik von B wie Bürokratie bis P wie Pensionen. In Neukagran wird jetzt einmal gezählt, wie viele Autofahrer von einer neuen Einbahnregelung betroffen wären. Und wär's nicht ein Bezirksvorsteher, sondern ein Kanzler, dann hätte er bestimmt noch eine Kommission eingesetzt – um das zu klären, was jeder eh schon weiß.


E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

(Print-Ausgabe, 06.07.2016)

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