Otto Wagner, die Wienzeile und die Wellen des Wandels

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StadtbildWolfgang Freitag
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Dass nichts bleibt, wie es ist, darf als Gemeingut gelten, schließlich genügt ein Blick in den Spiegel, um uns darüber täglich aufzuklären.

Freilich, es sind nicht nur wir selbst, die wir, ob wir wollen oder nicht, fortwährendem Wandel unterliegen, es wandelt sich auch das, was uns umgibt. Und hie wie da lehrt die Erfahrung, dass Wandel per se, so unausweichlich er sein mag, nicht immer Ergebnisse zeitigt, die uns vorteilhaft erscheinen. Etwa, wenn sich altbekanntes, womöglich sozusagen prominentes Mauerwerk mit neuen Geschäftigkeiten füllt.

Otto Wagners goldgeziertes Eckhaus in der Linken Wienzeile ist ein solches Altbekanntes. Jahrzehntelang fand in seinem Erdgeschoß die Filiale einer Bank Herberge, die auf ihre ureigene Weise die Fragwürdigkeit hiesigen Wandels, in diesem Fall bankenwirtschaftlicher Natur, repräsentierte, was sich zudem optisch, von der Seriosität des Creditanstalt-Schriftzugs bis zum lärmigen Bank-Austria-Emblem, unübersehbar niederschlug. Mittlerweile ist's vorbei mit aller Bankerei, und in dem weiträumigen Lokal ist abermals nicht, wie Otto Wagner einst gehofft haben soll, ein Kaffeehaus, sondern eine Drogeriekette eingezogen. Diese wiederum hat die großen Auslagenscheiben mit jenem notorischen Gewelle ausgestattet, das ihren Markenauftritt auch sonst begleitet. Was seinerseits den Grimm sensibler Stadtbildgemüter nach sich zog. Von einer „Verunstaltung“ war da leserseits die Rede, und dass Widerstand dagegen dringend geboten sei.

Je nun, die grundsätzliche Frage, wie weit sich ein Neues dem jeweiligen Bestand unterzuordnen habe, hat viele Antworten, und jene in der Linken Wienzeile mag keine der anspruchsvolleren sein. Der Konflikt selbst allerdings geht weit über solche Einzelfälle hinaus, schlägt er sich doch nicht zuletzt in den Debatten nieder, die rund um das Thema Weltkulturerbe geführt werden und zu führen sind. „Weltkulturerbe: Fluch oder Segen?“ lautet passend der Titel einer Diskussionsveranstaltung, zu der das Wien-Museum heute, Mittwoch, in seine Heimstatt am Karlsplatz lädt. Beginn: 18.30 Uhr.

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2016)

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