Scheren für Linkshänder und ein Kuli in Grasgrün

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Themenbild(c) Die Presse - Clemens Fabry
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Über den Sommer sind aus unerklärlichen Gründen die Hauspatschen verschwunden.

Zu den besten Dingen des Schulanfangs gehören die neuen Buntstifte, die frischen Schutzumschläge, die noch nicht am Bug eingerissen sind, diese ganze Palette an unversehrten Utensilien, die einen an die Vorsätze glauben lässt, das Schuljahr einwandfrei hinter sich zu bringen.

Zu den nicht so guten Dingen des Schulanfangs gehört, dass diese Materialien auch besorgt werden müssen. Die Geschäfte sind allerdings vorbildlich auf den Irrsinn vorbereitet: Die Mitarbeiter tragen gelbe Warnwesten und helfen Eltern, die mit flackerndem Blick 13 cm lange Scheren für Linkshänder suchen und Kulis, die man ausradieren kann, in Babyblau und Grasgrün. Nicht in Rot, Rot bleibt für Lehrer reserviert. Und ausradieren kann man ihre Anmerkungen auch nicht.

Natürlich hätte man das alles schon im Lauf der Ferien erledigen können. Aber seitdem einmal über den Sommer nicht nur die Hausschuhe, sondern auch die HB-Bleistifte, zwei neue Geodreiecke und alle Kleber aus unerklärlichen Gründen verschwunden sind, will man das Risiko nicht mehr eingehen. Außerdem ist es ausgesprochen unsportlich, Dinge rechtzeitig zu erledigen, wenn man auch in letzter Sekunde auf die Jagd nach schwarzen Gymnastikpatschen gehen kann. Es brauchen leider so gut wie alle Volksschüler die Größe 34, außer denen, die 32, 33 und 35 haben, aber die sind auch schon aus.

Dann bleibt nur noch der Elternabend zu absolvieren, der meist unterhaltsam endet. Aber vorher sitzen wir auf den kleinen Sesseln und reden über die ideale Jause, als ob es um unser Leben ginge, aber darum geht es ja auch in Wirklichkeit, um unsere Kinder, und während irgendwer etwas über Zucker sagt, denkt man an die Illusion, dass, wenn das Essen perfekt ist, auch all das passt, was man nicht kontrollieren kann.

E-Mails an:friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2016)

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