Das ist nur so eine Phase

Piratenflagge
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Vielleicht hat es etwas zu bedeuten, vielleicht nicht, jedenfalls fällt auf, dass sich um den Begriff „Pirat“ ein verbaler Flashmob akkumuliert.

Sechs Jahre ist es her, da brachte Johnny, der Depp, den modernen Piraten in die Medien, wo er picken blieb. Auf die Kinopiraten folgten echte und auf diese politische, erst in Schweden, nun in Deutschland, wo die internetaffine Piratenpartei den faden Wahlkampf belebt. Lange wird es nicht dauern, dann tritt sie auch bei uns an.

Jetzt habe ich zwar von Piraten wenig Ahnung, dafür kenne ich mich mit Enthusiasmuszyklen bestens aus. Nicht im Großen (sonst wäre ich Millionärin), aber im Kleinen. Ich bin nämlich ein Phasenmensch, und auch wenn es noch keine richtige Bezeichnung für uns gibt, sind wir viele. Phasenmenschen machen Dinge einige Zeit lang intensiv und dann nicht mehr. Z.B. isst man Cornflakes ein Jahr zu allem, dann liebt man Zucchini mit Käse, und eines Tages steigt man auf Joghurt um: früh, mittags, abends. Natürlich gilt das Prinzip auch für Literatur oder Musik: erst indisch-britische Romane, dann die 80er in New York, von Björk besitze ich sogar ein Fanbuch – irgendwo. Inzwischen kann ich sie nämlich ebenso wenig leiden wie meine Lieblings-CD vom letzten Monat. Das ist der Nachteil der seriellen Monothematik: Man liest, hört und isst sich dauerhaft satt. Wann, das weiß man vorher nicht. Eines Tages wacht man auf, und es ist so weit: Einkaufsliste umschreiben, neue Bücher, andere Musik. Nie reicht die Zeit für offizielle Vorlieben. Natürlich ist das mühsam, vor allem für andere: „Was wäre“, fragte eine genervte Freundin einmal, „wenn du das Phasenverhalten auch als Phase siehst – dann geht das irgendwann vorbei.“ Das ist wahr – und 15 Jahre her. In manchen Dingen kann ich eben wahnsinnig beständig sein.


ulrike.weiser@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2009)

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