Schluss mit der Meckerei! Reden wir über das Schöne!

(C) Wolfgang Freitag
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Reden wir doch einmal über das Schöne. Schließlich:

Das Hässliche nervt uns auch so Tag für Tag, und als sei das nicht schon schlimm genug, hören und lesen wir auch noch fortwährend davon. So ist es ja auch an dieser Stelle, in meiner allwöchentlichen „Stadtbild“-Kolumne. Das Negative gibt den Ton an, und manchmal könnte es fast scheinen, als bestünde Wien nicht aus einigen der bestgepflegten historischen Stadtensembles und einigen internationalen Vorzeigebeispielen von der Moderne bis in die Gegenwart, sondern nur aus Misslungenem und Missratenem, Verschandelungen und Ungepflegtheiten – fehlte nicht viel, und man müsste an den Stadteinfahrten vor dem Besuch eines solchen Unortes dringend warnen.

In Wahrheit lebe ich recht gern hier, genauer: Ich könnte mir keinen besseren Wohnort wünschen. Und ja, ich empfehle jedem, der es hören will, sehr dringend den Besuch der Stadt, die ich andererseits so oft tadle.
Also schreibe ich heute über das Schöne in Wien. Wenngleich, so einfach ist die Sache nicht. Das beginnt schon damit, dass es ja ziemlich unterschiedlich sein kann, wo jeder von uns sein Schönes findet. Der eine in einem Kunstmuseum. Der andere in seinem Bücherschrank. Und manch einer, auch das soll's geben, bei einer flüchtigen Begegnung in der U-Bahn.

Mir jedenfalls begegnet, nur so beispielsweise, das Schöne jeden Morgen bei der Fahrt in die Redaktion, die mich auf dem Radweg durch den Prater führt. Da habe ich nebst anderem das Obere Heustadelwasser zu queren, und wenn es so daliegt wie ebendieser Tage, im klaren Spätherbstlicht, oder wenn sich das üppige Sommergrün im stillen Weiher spiegelt oder wenn sich Wald und Wasser in Schnee und Eis kleiden, dann könnte man sich hier in einem kleinen, feinen Gärtlein Eden wähnen. So viel für heut' zum Schönen. Und dass über mir zur selben Zeit, da sich vor mir dieses Idyll ausbreitet, der achtspurige Autoverkehr der Südosttangente dröhnt, davon erzähle ich lieber ein andermal.

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2016)

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