Liebesgrüße aus Kairo

Bar in Kairo
Bar in Kairo(c) Die Presse (Kochina)
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ArabischeSchriftzeichen auf einer Postkarte sind zunächst einmal eineharte Nuss.

Beim Lernen von Fremdsprachen dauert es in der Regel nicht lange, bis der Lehrer zum ersten Mal die Frage nach den wichtigsten Schimpfwörtern gestellt bekommt. Der zweite Fragenblock dreht sich unter aufgeregtem Gekicher der Schüler meist um besonders unaussprechliche Gustostücke (der Verzicht auf das Diminutiv sei mir gestattet) à la „Oachkatzlschwoaf“, „Str? prst skrz krk“ (tschechisch: Steck den Finger durch den Hals“) usw. Und schließlich muss der mittlerweile völlig entnervte Pädagoge auch noch den wichtigsten aller Sätze in Text und Ton bereitstellen – „Ich liebe dich“.

„Was müssen die Holländer für einen Spaß haben“, meinte schon der deutsche Kabarettist Bodo Wartke, der in seinem „Liebeslied“ genau diesen Satz in unzähligen Sprachen und Dialekten verarbeitet hat – und tatsächlich erregt „Ik hou van jou“ beim gelernten Österreicher wohl weniger das Herz als vielmehr die Lachmuskeln. So wie auch „Minä rakastan sinua“ (finnisch), „Ben seni seviyorum“ (türkisch) oder „Wo ai ni“ (Mandarin) hierzulande wohl nur bedingt zur Romantisierung einer Situation beitragen.

Besonders perfid ist es, diesen Satz schriftlich abzufassen – in Zeichen, die der Laie nicht einfach durch den Google-Übersetzer rattern lassen kann. Das arabische „Ana behibek“ etwa, in eleganten Schnörkeln auf eine Postkarte gemalt, bedeutet für die Empfängerin zunächst einmal eine harte Nuss. Die ohne einen sprachlichen Nussknacker aus dem arabischen Raum kaum aus ihrer Schale zu holen sein wird. Umso schöner muss dann die Situation sein, wenn ein ägyptischer Zeitungskolporteur irgendwo am Wiener Gürtel kurzfristig zum Übersetzungsbüro umfunktioniert wird. Frei nach dem Motto: Ein guter Tag beginnt mit der besseren Liebeserklärung.


erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2009)

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