Adventsaurier

Weihnachtspl�tzchen
Weihnachtspl�tzchen(c) Erwin Wodicka - BilderBox.com (Erwin Wodicka - BilderBox.com)
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Die Erinnerungen an damals (oder auch nur an das Vorjahr) haben es so an sich, dass man die negativen Aspekte verdrängt.

Die Erinnerungen an damals (oder auch nur an das Vorjahr) haben es so an sich, dass man die negativen Aspekte verdrängt. Das ist mir neulich beim Keksebacken wieder aufgefallen. Da ist diese Erinnerung an gemütliche Nachmittage, an denen wir Kekse ausstechen, Tee trinken und Weihnachtslieder hören. In der Realität pickt der eine Teig am Nudelwalker (der andere dafür 1a, also wenn Sie ein Rezept brauchen . . .) und wenn nicht dort, dann auf dem Küchentisch, das Kind sticht vier, fünf Herz-Kekse aus, dann ist ihm heiß, es will nicht mehr und geht spielen. Ich stehe also allein mit zwei riesigen Teighaufen da. „Willst du lieber Tannenbäume oder Sterne?“, rufe ich. „Mir wurscht“, sagt das Kind (ein Ausdruck, den es erst seit Kurzem kennt, aber umso mehr schätzt).

Mir auch, will ich sagen, aber es ist ja die besinnliche Zeit, also schiebe ich weiter Kekse ins Rohr, der Tee ist picksüß (weil man in Vorweihnachtslaune unerklärlicherweise zu besonders künstlichen Varianten greift), im CD-Player läuft, natürlich, „In der Weihnachtsbäckerei“, und der Rücken schmerzt und sticht, wie er nur in der Adventzeit schmerzt und sticht vor lauter Ausstechen und Verzieren. Später wollen wir Sterne basteln: Ein quadratisches Papier zu einem Dreieck falten, dann zu noch einem und noch einem, Muster aufmalen, ausschneiden, fertig. Noch besser gefällt es dem Kind, wenn man statt der Sterne Dino-Zähne ausschneidet und so einen Vierfach-Saurier erhält. Sieht lässig aus, aber halt nicht übertrieben weihnachtlich. Ein paar Tage später schnappt sich das Kind den Fotokalender, lässt die von mir ausgewählten Fotos links liegen und beginnt den Jänner mit Schildkrötenpickerln vollzupicken. „Da werden sich Oma und Opa aber freuen“, sage ich. „Wieso Oma und Opa?“, ruft da das Kind, Tränen steigen ihm in die Augen. Der ist für meine Stofftiere. Die brauchen einen Kalender. Damit sie wissen, wann ich aus der Schule heimkomme.

Kurze Zwischenbilanz nach der ersten Adventwoche: Kekse allein gebacken, Dinosaurier gebastelt und noch kein einziges Geschenk für die Verwandten. Dafür schon eines für die Stofftiere. Das ist bitte nicht nichts. In diesem Sinne: Einen schönen zweiten Advent.

E-Mails an:mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2016)

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