Wenn der Bohrturm des kleinen Mannes sprudelt

Mann mit Taschentuch
Mann mit Taschentuch(c) Michaela Bruckberger
  • Drucken

Als noch geschneuzt werden durfte, fiel das Schnäuzen auch nicht viel leichter.

Der erhobene Zeigefinger verliert seine Bedeutung, wenn er in der Nase steckt. Lassen wir ihn also im Bohrturm des kleinen Mannes verharren und warten weiter unten, bis der Briefträger kommt: „Wenn du oben angekommen bist, schreib mir eine Karte!“ Es lässt sich nämlich einiges Interessantes von dort herausholen, sprachlich gesehen. Dass man sich etwa bis vor rund 20 Jahren noch schneuzen durfte, was mittlerweile falsch ist. Heute wird geschnäuzt, weil das Befreien der Nase von Ausscheidungen durch kräftiges Ausstoßen von Luft mit der Schnauze verwandt sein soll.

Allerdings gibt es an dieser Version Zweifel, weil es sich um eine Weiterbildung des mittelhochdeutschen „sniuzen“ handeln dürfte. Das wiederum kommt vom Snuz, dem mittelhochdeutschen Begriff für Nasenschleim. Schnüffeln wir in diese Richtung weiter, entdecken wir, dass es einige Begriffe gibt, die wohl lautmalerisch rund um das Ein- und Ausatmen von Luft in den verschiedensten Ausprägungen entstanden sind. Vom Schniefen, Schnauben, Schnaufen, Schnarchen und Schnüffeln bis zum Schnupfen. Auch das Nasensekret selbst wird in Teilen der deutschsprachigen Welt gern derb als Schnodder oder Schnuddel bezeichnet. Nur mit Schnee hat das ganze nichts zu tun, da müsste man schon ein bisschen konstruieren, um einen Zusammenhang zu schnitzen.

Dass ein Schnupfen ohne Behandlung sieben Tage dauert, mit Behandlung hingegen eine Woche, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Trost ist das allerdings keiner, wenn sich wegen des intensiven Kontakts mit Taschentüchern auf der Nasenspitze schon ein Schorf gebildet hat. Immerhin hat man aber jetzt im Hinterkopf, dass man den Rotz mit einem ä aus den Nasenlöchern jagen muss, sonst wird es mit Rotstift angezeichnet. Damit senkt sich der Zeigefinger auch schon wieder, vielen Dank für die Aufmerksamkeit und bleiben Sie gesund.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

(Print-Ausgabe, 12.12.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.