Wenn einem "Bankenpalast" die Bank abhandenkommt

(c) Wolfgang Freitag
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Das alte Bankvereinsgebäude am Schottenring: Der Auszug der Bank Austria rückt näher - und dann?

Irgendwanneinmal soll das Bankgeschäft ein vornehm-diskretes Metier gewesen sein. Als beispielsweise der Wiener Bankverein im August 1912 sein neues Domizil an der Ecke Schottenring und Schottengasse eröffnete, da war zwar viel von der Pracht dieses „Bankenpalastes“ die Rede, doch die machtvolle Sprache der Architektur brauchte keine lärmenden Signets, Logos oder andere grafische Zugaben, wie wir sie heute hinzunehmen gewöhnt sind. Man wusste, wer man ist, und alle anderen wussten es auch. Einzig ein schmaler Schriftzug in der Bekrönung der Mittelrisalite kündete davon, wer in all der Herrlichkeit zu Hause sei.

Mittlerweile sind mehr als 100 Jahre ins Land gezogen, der ursprüngliche Eigner hat sich in allerlei Fusionen und Übernahmen mehrfach transformiert, und mit der Zurückhaltung im grafischen Dekor ist es seit Längerem vorbei. Dass hier derzeit die Bank Austria (allerdings nur mehr als Mieter) residiert, brüllen massige Schrift samt Logo ins Straßenbild, und nicht einmal, dass es damit in absehbarer Zeit vorbei ist, vermag zu trösten: Stellt sich doch mit der Übersiedlung der Bank-Austria-Zentrale von hier auf das Nordbahnhofgelände die bange Frage, was denn die neuen Eigentümer mit dem historischen Bankgebäude wohl anfangen werden.

Umnutzung schön und gut: Aber wie den riesigen Kassensaal oder das Oktogon mit seinen 16 Marmorsäulen, vormals Heimstatt der Generalversammlung, anderweitig mit Sinn und Leben erfüllen? Beides steht gegenwärtig wie das Gebäude insgesamt erstaunlicherweise nicht unter Denkmalschutz. Noch nicht: Das Verfahren werde in den nächsten Wochen abgeschlossen, berichtet Wiens Landeskonservator, Friedrich Dahm. Im Übrigen sei sich der neue Eigner, eine Gesellschaft in der Hand von zwei Investoren, „bewusst, was er da erworben hat“. Und wer's nicht glaubt, der kann immerhin noch hoffen.

E-Mails an:wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2017)

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