Lassen Sie es sich schlecht schmecken

(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Nichts für gut! Nur, weil wir einmal einer Meinung sind, werden wir noch lange keine Freunde.

Winterstürme wichen dem Wonnemond, in mildem Lichte leuchtet der Lenz. Ja, eh, heute ist Frühlingsbeginn. Nur, dass der Wonnemond erst im Mai ansteht (ah, Wonnemonat!) und der gelernte Österreicher sogar dem Lenz (Lenzing war übrigens das alte deutsche Wort für März) noch etwas Negatives abgewinnen kann: In nur drei Monaten werden die Tage schon wieder kürzer. Nur sagen würde man das Negative ja doch nie. Oder haben Sie schon einmal von einem Kellner „lassen Sie es sich schlecht schmecken“ gehört? „Zum Unwohl“ beim Anstoßen zu sagen, traut sich auch selten jemand. Selbst, wenn wir es bei manchen so meinen würden. Dafür plappern wir brav „gute Besserung“, wenn jemand krank ist. (Eine ähnlich unsinnige Tautologie wie Chai Tee, aber schweifen wir nicht ab.) Wäre das Gegenteil eigentlich eine schlechte Besserung? Oder eine gute Schlechterung? Wenn sich ein Zustand schlecht verschlechtert, wird er dann besser? Wenn ein Schnupfen besser geworden ist, rinnt und rotzt die Nase dann nicht noch viel mehr? Und wenn wir schon beim sprachlichen Frühjahrsputz sind, die Redewendung „nichts für ungut“ brauchte auch eine negative Variante. Wenn man etwa jemandem, dessen Weltbild dem eigenen diametral entgegensteht, in einer Sache recht geben muss. „Nichts für gut, Bussibär! Nur, weil wir einmal einer Meinung sind, heißt das nicht, dass wir Freunde werden.“

Entbehrlich sind dagegen nach wie vor neue Wortkreationen, in denen eine Person mit dem Präfix „Wut“ aufgeladen wird. Die Inhaberin eines Schönheitssalons als „Wut-Beauty“, zum Beispiel. (Immerhin, die männliche Variante „Wut-Beau“ ginge vielleicht noch als Name eines Charakters in einem Science-Fiction-Film durch.) Diese gedankenlose Verwutisierung könnte einen so richtig wütend machen. Oder, wie so gern beschwichtigend gesagt wird: Alles wird Wut!

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.