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Jemanden nach der Herkunft fragen – sehr gefährlich

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Vornamen(c) imago/Klaus Martin Höfer (imago stock&people)
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Die Frage nach ihrer Herkunft empfinden viele als Geste der Ausgrenzung - in den allermeisten Fällen zu Unrecht.

Eine Podiumsdiskussion vor ein paar Tagen in Innsbruck. Thema sind die aktuellen Entwicklungen in der Türkei. Bei der Publikumsrunde steht ein Mann auf und macht seinem Ärger zu einem Phänomen Luft, das in Zusammenhang mit Integration immer wieder zur Sprache kommt. Seit beinahe 40 Jahren lebe er in Tirol, werde aber bis heute nach der Herkunft seines Namens gefragt. Nämlich Mesut. Das kränke ihn jedes Mal, weil er das Gefühl habe, sich dafür rechtfertigen zu müssen. Ihm werde also suggeriert, kein vollwertiger Österreicher zu sein. Von den meisten Gästen gibt es beipflichtenden Applaus.

Wenn sich jemand in Österreich vorstellt, beispielsweise beim Ausgehen in einer Bar oder bei einer beruflichen Veranstaltung oder auch bei einem Bewerbungsgespräch, und Dragan, Elif, Ivana oder Mesut heißt – wäre es nicht seltsam, wenn er oder sie bis zuletzt nicht gefragt wird, woher denn dieser Name stammt? Nicht, um diese Person in Verlegenheit oder Erklärungsnot zu bringen und ihr ein Gefühl der Ausgrenzung oder Andersartigkeit zu geben, sondern einfach aus Neugier und Zuneigung. Ist ein ehrliches Interesse am kulturellen Hintergrund von jemandem nicht sympathischer, als aus Gleichgültigkeit oder Angst vor der Diskriminierungskeule nicht zu fragen und möglicherweise jahrelang nicht zu wissen, warum eine Kollegin Sibel heißt? Oder warum sie manchmal in einer Sprache telefoniert, die sonst niemand im Büro versteht?

Wenn man in einer persönlichen Frage Diskriminierung sucht, wird man sie wohl auch finden. In der Integrationsdebatte hat dieses Kuriosum teilweise bizarre Ausmaße angenommen. Das geht so weit, dass Leute, die ohne den geringsten Hintergedanken nach der Herkunft von jemandem fragen, eine flapsige und provokante Antwort bekommen. Und nach dieser unangenehmen Situation den Teufel tun und so einen „Fauxpas“ wiederholen werden. Ob das irgendjemanden weiterbringt? Man kann alles übertreiben.

E-Mails an: koeksal.baltaci@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2017)

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