Mein Montag

Haben Ihro Gnaden wieder keinen Saft im Akkumulator?

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Dieses unruhige Gefühl, wenn die Anzeige auf 50 Prozent zugeht. Hat jemand ein Ladekabel dabei?

Mit einem Handyakkustand von nur 80 Prozent außer Haus gehen. Ich liebe das Risiko. Auch, wenn das in Wirklichkeit so gut wie nie vorkommt. Denn als Sicherheitsmensch würde man ja am liebsten das Ladekabel gar nicht ausstecken. Immerhin erspart man sich damit dieses unruhige Gefühl, wenn die Anzeige auf 50 Prozent zugeht. Diese Vorahnung, dass etwas zu Ende geht, das Licht ausgehen wird und ein schwarzes Loch alles verschlingt. So, als würde man wie James Dean in „. . . denn sie wissen nicht, was sie tun“ mit dem Auto in Richtung Abgrund beschleunigen. Ja, es ist wichtig, auf einen ausreichenden Füllstand des Akkus zu achten. Im australischen Outback fährt man ja auch nicht an der Tankstelle vorbei. Und ja, eine Powerbank für unterwegs beruhigt ungemein. Also hören Sie jetzt gefälligst auf, so betont auffällig mit den Augen zu rollen. Das Risiko und ich, wir werden halt keine Freunde mehr.

Und doch gibt es Situationen, in denen selbst ein Sicherheitsmensch sich zielgenau auf den Abgrund zubewegt, ohne auch nur einen einzigen Schweißtropfen auf der Stirn zu investieren. Deadline ist der Begriff, der so lang so weit entfernt ist. Und der dann, steht man tatsächlich unmittelbar davor, eine ähnlich große Überraschung auslöst wie der erste Schnee bei Wiener Autofahrern. Wobei die tote Linie offenbar gar nicht auf dem Boden klebt, sondern wie ein Gummiband mitgezogen wird, wenn der Sportflitzer über die Klippe fährt. Ganz schön lebendig, eigentlich, wie der Wagen das Band immer weiter dehnt, bis er in der Luft stehen bleibt. In Zeichentrickfilmen würde man verdutzt in Richtung Kamera schauen, schlucken und dann senkrecht nach unten fallen. In der Wirklichkeit zieht das Gummiband so lang an der Klippe, bis sie ächzend nachgibt und unter dem Auto steht. Zeit und Raum sind ja gekrümmt, oder so. Zeit für ein Selfie – hoffentlich ist genug Saft im Akku!

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2017)

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