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Vollendet unvollendet: Nachricht vom Heldenplatz

Bis 2020? Heldenplatz mit Ausweichquartieren.
Bis 2020? Heldenplatz mit Ausweichquartieren.(c) Wolfgang Freitag
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Der bevorstehende Umbau des Parlaments – und was er uns dieser Tage vor Augen führt.

Es ist ja keineswegs ausgemachte Sache, dass immer nur das Vollendete vollendet sei. Ja mehr noch: Manch Unvollendetes will uns gar vollendeter erscheinen, als ein Vollendetes je sein könnte. Was es entschieden leichter macht, in Wien zu leben, wo bekanntlich das Vollendete die Ausnahme, das Unvollendete die Regel ist. So es überhaupt eine Regel gibt.

Folglich muss, wer Beispiele für die Vollendung im Unvollendeten finden will, hierorts nicht lange suchen. Welch ein monströser Barockbrocken, nur so beispielsweise, wäre Schloss Schönbrunn geworden, hätte man die Erstplanung Johann Bernhard Fischers, nachmalig von Erlach, realisiert und nicht seine spätere Sparvariante? Wem von uns – Hand aufs Wienerherz – geht der zweite Stephansturm ab? Und welchem unserer Gäste? Ganz zu schweigen von jenem zweiten Flügel der Hofburg, der den Heldenplatz bleibend und massig von all dem Ringstraßen-Glanz, all der Ringstraßen-Gloria getrennt hätte, die dahinterliegen.

Immerhin: Wie man sich Letzterwähntes vorzustellen hätte, das führen dieser Tage so ungefähr die beiden dunklen Quader vor Augen, die sich – als zwei von mehreren Ausweichquartieren für das baumarode Parlament – derzeit hinter Erzherzog Karl in die Heldenplatzwiese ducken, als wüssten sie nur allzu gut, dass sie hier nicht hergehören. Kaum einer, und sei er noch so sehr vom Historismus Marke Semper & Hasenauer enflammiert, der sich an ebendieser Stelle heute eine zweite Neue Burg wünschte, auf dass sie diesen vollendeten Blick auf immer verstellte, den uns die Unvollendung hier sonst gewährt, vom Rathaus über den Volksgarten bis zum Burgtheater hin.

In gut drei Jahren jedenfalls soll's mit den Provisorien wieder vorbei sein. Sofern der Parlamentsumbau, kaum wagt man es zu sagen, zeitgerecht vollendet wird . . .

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2017)

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