Kolumne zum Tag

Verbale Verwirrung

Freundinnen beim Fernsehen
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Vielleicht hat Mehrsprachigkeit den einen oder anderen Vorteil (Völkerverständigung, Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten, Verzögerung von Demenz und so weiter), aber eigentlich muss man sagen:

Es verkompliziert das Leben um ein Vielfaches, wenn das Umfeld in verschiedenen Sprachen kommuniziert. Für die Erkenntnis muss man nicht unbedingt bei einer unserer Familienfeiern gewesen sein (die italienischen Großeltern verstehen den amerikanischen Bekannten nicht, der nicht immer weiß, was der Wiener Besuch sagen will, der wiederum nicht mit der via Skype zugeschalteten argentinischen Verwandtschaft kommunizieren kann, die sowieso kaum jemand versteht, weil die Verbindung erstens so schlecht ist und zweitens fast niemand Spanisch spricht).

Nein, für die Erkenntnis kann man auch ganz einfach nach Südtirol fahren.

Wie die Mehrsprachigkeit geregelt ist – das sei an dieser Stelle fürs Protokoll festgehalten –, ist natürlich sehr löblich. Aber sie kostet auch Unmengen an Lebenszeit. Pressekonferenzen können schon in einer Sprache ewig dauern, wenn der Inhalt dann aber auch noch übersetzt wird, müssen Sie mindestens mit einem zweistündigen Termin rechnen. Im Zug gibt es quasi permanent eine Durchsage, weil Städte auf Deutsch und Italienisch angekündigt werden. Um Touristen völlig zu verwirren, haben die Ortschaften nicht nur jeweils einen Namen für jede Sprachgruppe, sondern oft auch noch einen im Dialekt. Wenn Sie also über Feldthurns/Velturno fahren, gelangen Sie nicht nur nach Latzfons/Lazfons, sondern auch nach Flotzbis. Kompliziert ist es auch für Kinder: „Spricht das Christkind Deutsch oder Italienisch?“, fragt der Neffe zum Beispiel zu Weihnachten.

Nur dem Familienhund macht es nichts aus: Der folgt auf ein aufforderndes „Sitz!“ und freut sich, wenn man vor dem Spazierengehen „Andiamo!“ ruft. Wo es hingeht, ist ohnehin zweitrangig. Ob nach Latzfons, Lazfons oder Flotzbis.

E-Mails an:iris.bonavida@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2017)

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