Mein Samstag

Einer hat es geschafft

Murathan Muslu
Murathan Muslu(c) Clemens Fabry
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Als Murathan Muslu in Umut Dags Regiedebüt „Kuma – Zweitfrau“ in einer unvergesslichen Szene auf den Tisch haute und mit der Familientradition zwar nicht brach, sie aber buchstäblich mit einem Knall entlarvte, wurde es deutlich. Dieser Mann wird es schaffen.

Etwas, was keiner vor ihm geschafft hat. Und zwar als erster Schauspieler mit Migrationshintergrund eine Rolle zu spielen, die keinen Migrationshintergrund hat. In „Schnell ermittelt“ war es erstmals so weit, weitere Filme und Serien sind in der Entstehung. Wie ungewöhnlich dieser Schritt ist, verdeutlicht ein Blick auf den deutschen Markt, wo Elyas M'Barek ebenfalls der einzige Schauspieler ist, der „deutsche“ Hauptrollen spielt.

Eine vergleichbare Karriere steht auch dem Wiener Muslu bevor, der türkische Wurzeln hat und derzeit an zwei Großprojekten in Deutschland beteiligt ist. Drei von vier Drehbuchautoren haben ihn vor Augen, wenn sie einen vielschichtigen Charakter zwischen 30 und 40 skizzieren. Es wird nicht lang dauern, bis ihm ein weiterer Sprung gelingt und er sich im deutschsprachigen Raum mit Hauptrollen einen Namen macht, mit denen sich die breite Masse identifizieren kann – und beim Film geht es nun einmal um Identifikation. Danach ist alles möglich, selbst eine europaweite Karriere. Wie etwa bei Daniel Brühl. Als Kinofan kann man nur hoffen, dass sein Potenzial in Österreich erkannt wird, bevor ihn die Türkei für sich entdeckt – wie das einst beim großartigen Mike Galeli aus Vorarlberg der Fall war.

Auch er hätte von Österreich aus eine Megakarriere starten können, wurde aber von der Türkei vereinnahmt und wurde dort zum Superstar. Natürlich ist er auch in Österreich eine bekannte, wertvolle Marke, aber im heimischen Kino und Fernsehen wurde sein Talent definitiv nicht ausreichend wertgeschätzt. Vielleicht hat es aber Vorkämpfer wie ihn gebraucht, damit es der 35-jährige Muslu leichter hat. Und wer weiß, möglicherweise sehen wir noch einen österreichischen Film mit beiden in den Hauptrollen. Eine Vater-Sohn-Geschichte zum Beispiel, die nichts mit der Türkei zu tun hat. Irgendwo sitzt sicher ein Drehbuchautor, der diese Geschichte schon schreibt.

E-Mails an: koeksal.baltaci@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2017)

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