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Die (Ab-)Wahl der Turnstunde

Themenbild: Turnstunde
Themenbild: Turnstunde(c) APA/ERWIN SCHERIAU
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Der Wahlkampf ist um eine Ankündigung reicher. Sportminister Hans Peter Doskozil hat – ganz ohne, dass es die breite Öffentlichkeit bemerkt hat – die tägliche Turnstunde zu einem „wesentlichen Faktor“ für Regierungsverhandlungen erklärt.

Diese Idee polarisiert. Dafür muss man sie gar nicht erst politisch bewerten. Denn zum täglichen Turnunterricht hat fast jeder eine durch persönliche Erinnerungen gefärbte Meinung. Man kann sich an die ersten Turnpatschen, den Geruch des Turnsaals und so manche Skurrilität erinnern. Etwa an die Wahl der Mannschaftsmitglieder vor diversen Ballspielen – eine Art öffentlich zur Schau gestelltes Beliebtheitsranking. Um ein solches zu umgehen hat meine Volksschullehrerin die Kinder einfach entsprechend der Körpergröße in unterschiedliche Teams eingeteilt. Heute bezweifle ich, dass „die Kleinen“ das Match gegen „die Großen“ weniger verletzend als den Popularitätswettstreit fanden. Meine Turnprofessorin im Gymnasium hat auf ein anderes System vertraut. Sie ließ am liebsten „die Julias“ gegen „den Rest“ spielen. Angesichts der damals üblichen Namensgebung war das problemlos möglich.

Dennoch gehöre ich heute gemeinsam mit einem Ressortkollegen dem redaktionsinternen Turnunterrichts-Fan-Team an. Er hat seine Turnleidenschaft schon als Kind öffentlich gemacht und bei einem Schulbesuch eines TV-Teams unter dem Motto „Spaß muss auch etwas kosten“ mehr Turnstunden gefordert. Eine andere Kollegin aus dem Ressort hätte er sich damals damit zum Feind gemacht. Der Turnunterricht ist für sie eine Qual gewesen. Nicht nur die Ballspiele auch das Haltungsturnen hat der heute begeisterten Yoga-Schülerin den letzten Nerv gezogen. Die tägliche Turnstunde hätte aus der Vorzeigeschülerin wohl eine Schulschwänzerin gemacht. Wahlentscheidend wird die Doskozil-Ansage aber weder für Turn-Liebhaber noch für Turn-Gegner sein. Bleibt zu hoffen, dass nicht etwaige Regierungsverhandlungen am Felgeaufschwung scheitern.

E-Mails an:julia.neuhauser@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2017)

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