Mein Samstag

Guten Morgen, Österreich

(c) ORF (Roman Zach-Kiesling)
  • Drucken

Das Kind zählt mit seinen sieben Jahren zwar noch nicht zur sogenannten werberelevanten Zielgruppe, ich darf dem ORF aber an dieser Stelle mitteilen, dass er eine junge Seherin gewonnen hat. Und zwar beim Frühstücksfernsehen. Am Montag haben wir aus heute nicht mehr ganz erklärbaren Gründen zu absurd früher Stunde das TV-Gerät aufgedreht, zu sehen war fast gar nichts außer einer dicken Waldviertler Nebelwand (das mobile Studio, durch dessen große Scheiben die Schönheiten der österreichischen Landschaft eingefangen werden sollen, funktioniert halt an dunklen Herbstmorgen eher nicht so 1a.). Im Studio war Matthias Steiner zu Gast, der über seine erste CD sprach. „Da ist ein Sänger, der kann auch Gewichte heben“, ruft das Kind in die Küche. „Nein, umgekehrt“, rufe ich zurück, „das ist ein Gewichtheber, der jetzt auch singt.“ (Tags darauf war eine Triathletin im Studio, die jetzt auch Kabarett macht. Am Donnerstag war wiederum ein Mann zu Gast, der gleichzeitig auf drei Flöten spielen kann. Soweit ich weiß, hat er aber keine Sportlerkarriere vorzuweisen.) Wenig später, ich föhne gerade meine Haare, schreit das Kind ganz aufgeregt, dass sie im Fernsehen gerade gesagt hätten, dass es in Österreich demnächst einen Erdbeermangel gebe. Ich rase ins Wohnzimmer, sehe im Augenwinkel Menschen in weißen Kitteln durchs Bild huschen: „Ich glaube, sie meinen Ärztemangel, nicht Erdbeermangel.“ Ach so, sagt das Kind erleichtert. Keine Ärzte, aber Hauptsache Erdbeeren.

Am besten gefällt dem Kind aber das Gewinnspiel. Jeden Morgen verkündet der Moderator einen Buchstaben und am Ende der Woche kann man daraus ein Lösungswort bauen, mit dem man ein Thermenwochenende gewinnen kann. Da das Kind schon bei erstaunlich vielen Gewinnspielen in Kindermagazinen gewonnen hat, geht es praktisch fix davon aus, dass Montagmorgen unser Name eingeblendet wird. Lieber ORF, bitte enttäuscht uns nicht. Wenn wir nicht gewinnen, muss ich kommende Woche nämlich wieder neblige Morgenlandschaften anschauen. Das frühe Aufstehen ist auch so schon deprimierend genug. Bitte danke.

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.