Mein Dienstag

Politiker in der Biwakschachtel

Kurze Nächte vor den Nationalratswahlen.
Kurze Nächte vor den Nationalratswahlen.(c) APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand (Karl-Josef Hildenbrand)
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Nationalratswahlen sind für Journalisten, wie es ein sportaffiner Kollege im Lift kürzlich formulierte, so etwas wie die Olympischen Spiele der Innenpolitik. Nur in unregelmäßigeren Abständen und ohne dass sich jemand ein Feuer teilen möchte, würde ich noch hinzufügen.

Er meinte jedenfalls eher eine unglaublich spannende und aufregende Zeit. Aber mit kurzen Nächten.

Es ist jedenfalls für einen erholsamen Schlaf nicht unbedingt förderlich, sich zuvor jeden Abend ein TV-Duell anzusehen. Einige Kollegen melden sich derzeit mit recht verstörenden Träumen bei mir: S. ging mit Kanzler Christian Kern durch einen Parcours, bei dem Politiker entsprechend der eigenen Ideologie zugeteilte Metallgerüste verschieben mussten. Kern konnte eine Tür nicht öffnen, weil sie von einem der Eisengerüste verdeckt war. S. verschob daraufhin das Gerüst und meinte zum Kanzler: Manchmal muss man die Ideologie aus dem Weg räumen, um eine Tür zu öffnen. Ziemlich kitschig, wenn Sie mich fragen, aber es ist ja nicht mein Unterbewusstsein.

Kollegin B. träumte bei einem Kurzurlaub in einer Biwakschachtel davon, dass plötzlich zwei Chefredakteure zu ihr kamen, um gemeinsam den Bundespräsidenten zu interviewen. Später war sie mit Sebastian Kurz in einer Disco und tanzte zu 90er-Jahre-Musik. Freundin J. träumt hingegen panisch von leeren Seiten, die sie kurz vor Redaktionsschluss entdeckt und nicht befüllen kann, weil die Technik nicht funktioniert. Ich hab hingegen letztens im Schlaf Peter Pilz interviewt und war mir kurz vor dem Wachwerden nicht mehr ganz so sicher, ob das Gespräch real war.

Nur A. schafft es, im Schlaf produktiv zu sein. Sie hat immer ein Notizheft am Nachtkästchen liegen, weil ihr regelmäßig Titel und Einstiegssätze im Schlaf einfallen. Ich hab gestern Nacht übrigens geträumt, dass ich diese Kolumne vergessen habe. Also auch irgendwie inspirierend. Bei der nächsten Liftfahrt muss ich die Sportkollegen fragen, wie es bei den Olympischen Spielen ist.

E-Mails an: iris.bonavida@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2017)

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