Würden Sie mich bitte freundlich beschimpfen

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Symbolbild(c) Erwin Wodicka
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Was die Toilettenlüftung und eine Nougatschlucht mit dem Pilzlexikon zu tun haben könnten.

Woher, fragt der Kollege, kommt eigentlich das Wort derrisch. Andere hätten auf diese Frage vermutlich „wie bitte?“ oder „was?“ gefragt und sich über das Gelingen eines abgelutschten Fließbandscherzes gefreut, doch man kann diese Situation auch anders lösen. Im Duden, doziert man dann, findet man das Wort in der Schreibweise törisch, wo es als bayerische und österreichische Mundart für taub oder gehörlos verwendet wird. Entstanden ist das aus dem mittelhochdeutschen tœrisch, was in der Art eines Toren oder auch töricht bedeutet. Wie kam es zu dieser Gleichsetzung? Nicht hören zu können endete für Kinder einst immer wieder damit, dass sie sich selbst überlassen wurden und auch keinen Unterricht bekamen. Konnte ein Kind sich mit Erwachsenen nicht verständigen, wurde es dann eben sein Leben lang als töricht angesehen. So, Mission erfolgreich ausgeführt, lieber Kollege.

„Du musst aufpassen, dass du nicht zum Klugscheißer wirst“, schimpfte ein Freund kürzlich, „wenn du jetzt einen auf allwissende Müllhalde machst.“ Stimmt. Apropos schimpfen, das hieß im Mittelhochdeutschen skimpfen und stand für Scherz treiben oder verspotten, und das klingt eigentlich gar nicht so böse. Tatsächlich hat so manches Schimpfwort eine humorige Note. Der Schaszutzler, zum Beispiel – falls Sie aber beabsichtigen, jemandem dieses Wort an den Kopf zu werfen, bedenken Sie, dass es sich um ein ostösterreichisches Synonym für Toilettenlüftung handelt, für Personen also gar nicht so passend ist. So wie auch die Nougatschlucht, wie die Gesäßspalte im Wienerischen genannt wird. Bleiben noch Eierbär, Zwetschkenkrampus oder weitere unzählige Einträge im Schimpfwörterbuch. Falls Ihnen aber die bösartigen Begriffe einmal ausgehen sollten, hilft ein Blick ins Pilzlexikon – versuchen Sie es zum Beispiel mit „Du fransiger Wulstling!“.

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2017)

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