Dritter im Zweikampf

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Nicht, dass ich mich wahnsinnig für Sport interessiere, doch die Nullnummer der alpinen Herren bei Olympia hat mich dann doch ein wenig beschäftigt.

Vor allem der Begriff des Verlierens übt eine gewisse Faszination auf mich aus – was man nämlich nicht alles verlieren kann. Die Hose, das Gesicht, die Beherrschung, die Ruhe, ein Rennen – im aktuellen Fall eben gleich ein paar. Macht ja nichts, wenn einmal andere gewinnen. Schlimm wäre es ja erst dann, wenn der Verlust schon so überdimensional ist, dass es wehtut. Eine Niederlage einzustecken, wenn man mit sich selbst um die Wette läuft, zum Beispiel, das ist böse. Und auch Dritter in einem Zweikampf zu werden, das muss nicht sein.

Da kann Udo Jürgens noch so oft pathetisch aus dem Off tönen: „Wer nie verliert, hat den Sieg nicht verdient.“ Geschenkt, schließlich ist Unzufriedenheit oft der erste Schritt zum Erfolg. Doch glauben Sie mir, im Moment der Niederlage ist man nicht ganz so aufnahmefähig für altklugen deutschen Schlager oder Zitate von Oscar Wilde.

Und ganz abgesehen davon, in Wirklichkeit sind uns die Verlierer ohnehin viel lieber als die Sieger. Oder kennen Sie jemanden, der Michael Schumacher mag? Schließlich kann man sich eher in die Rolle des ewigen Verlierers einfühlen. Etwa in die Gestalt des Kojoten, wie er auf der Jagd nach dem Road Runner regelmäßig bemerkt, dass unter ihm nur noch Luft ist– und treuherzig in die Kamera blickt, bevor er in den Abgrund fällt. Und darum schauen wir auch nicht auf YouTube dieses Video an, auf dem ein Bastler die Verhältnisse einmal bösartigerweise umgedreht hat. Denn seien wir ehrlich: Was hat ein Verlierer, wenn er nicht einmal mehr verliert?


erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2010)

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