Piefke, Taxi und ein Gummiband

Piefke Taxi Gummiband
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Menschen, die jedes Erlebnis, über das sie berichten, als Anekdote ankündigen, muss man schon grundsätzlich mit einer gewissen Skepsis begegnen.

Menschen, die jedes Erlebnis, über das sie berichten, als Anekdote ankündigen, muss man schon grundsätzlich mit einer gewissen Skepsis begegnen. Denn nur weil jemand einmal im Pyjama im Stiegenhaus aufgewacht ist, ist das noch lange keine ungewöhnliche oder komische Begebenheit – vor allem dann nicht, wenn am Ende die Pointe fehlt. Auch folgende Begebenheit ist noch lange keine Anekdote, für einen schnöden Witz jedoch ein wenig zu tiefgründig: In der Straßenbahn bückt sich ein Herr und hebt etwas vom Boden auf. „Entschuldigung“, sagt er, „hat vielleicht jemand ein Bündel Geldscheine mit Gummiband verloren?“ „Ich!“, ruft sofort ein Fahrgast, auch ein anderer hebt die Hand und fragt: „Wo ist es denn?“ „Ich weiß es nicht“, meint darauf der Mann, „ich habe nur das Gummiband gefunden.“ Ist doch nett, oder?

Ähnlich muss es einem alten Freund – ein Deutscher, der seit mehr als zehn Jahren in Österreich lebt – ergangen sein, der kürzlich zur Sperrstunde in einem Gramatneusiedler Gasthaus saß. „Ich zahl dir 100 Euro, wenn du mich nach Ottakring bringst“, lallte ihm ein offensichtlich betrunkener Malermeister mehrmals entgegen. Der Freund zögerte, immerhin müsste er dafür erst einmal sein Auto von daheim holen – und den Beifahrersitz mit Folie auslegen, damit des Malermeisters Arbeitskleidung keine Spuren hinterlässt. „Mach das“, spornte ihn auch noch der Wirt an, als der Maler erneut sein Angebot lallte. Also gut, so holte er das Auto, breitete Folie auf dem Sitz aus und ging zurück in die Wirtsstube. Aber 100 Euro, das schien ihm dann doch unredlich. Und so bot er an: „100 Euro sind zu viel, ich führe Sie für 50 Euro hin!“ Darauf der Malermeister: „Scheißpiefke, für 50 Euro kann ich auch ein Taxi nehmen!“


erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2010)

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