Christkindlmärkte: Jetzt sind wir weihnachtlich!

A Christmas tree is illuminated in front of the city hall at the traditional 'Christkindlmarkt' advent market in Vienna
A Christmas tree is illuminated in front of the city hall at the traditional 'Christkindlmarkt' advent market in ViennaREUTERS
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360 Grad Österreich: Es gibt wenig Schlimmeres als Christkindlmärkte. Sagt die Empirie. Außer man steht auf Gedränge und auf überzuckerten Alkohol. Wir haben ein paar romantische und gemütliche gefunden.

Weihnachtsmärkte also. Ein sonst durchaus romantischer Kollege stöhnte laut auf, als er von dieser Geschichte hörte. Das Stöhnen ist nicht ganz unberechtigt: Es gibt tatsächlich wenig, das einem die weihnachtliche Stimmung nachdrücklicher verdirbt, als der Besuch eines Weihnachtsmarktes. Außer man steht auf Gedränge, auf überzuckerten Alkohol, der als Punsch verkauft wird, auf klebende Wintermäntel, wenn der Punsch im Gedränge verschüttet wird, oder auf schreiende Kinder und entnervte Erwachsene.

Interessanterweise verfallen trotzdem jedes Jahr zehntausende Menschen dem irrigen Glauben, dass der Besuch eines Christkindlmarkts etwas Romantisches ist. „Gehen wir zum Spittelberg“ ist für jemanden, der in Wien wohnt, wie der Befehl: Ab jetzt sind wir weihnachtlich gestimmt! Dabei würde man um solche Märkte außerhalb der Weihnachtszeit einen großen Bogen machen (mittlerweile leider auch um den Spittelberg).

Diese Miesmacherei verdirbt einem jetzt natürlich völlig jegliche Weihnachtsstimmung. Und weil „Die Presse“ nicht nur Probleme aufzeigt, sondern – wie mit der Schwerpunktausgabe Ende November bewiesen – auch die Lösungen dafür liefert, retten wir Weihnachten (oder zumindest die weihnachtliche Stimmung beim Besuch eines Weihnachtsmarkts). Was eine kleine Auswahl an bemühten Weihnachtsstimmungssuchenden (die Empfehlungen stammen von Wolfgang Böhm, Doris Kraus, Robert Benedikt, Karl Reiter) für die schönsten, die nettesten, die gemütlichsten, die am wenigsten überlaufenen, die interessantesten Christkindlmärkte Österreichs hält. Kurz: Christkindlmärkte, die man sogar im Sommer besuchen würde – und auf die vielleicht sogar der stöhnende Kollege geht.


Jostmühle, Burgenland

Ein echter Geheimtipp. Den zweifellos kleinsten, intimsten und persönlichsten Weihnachtsmarkt Österreichs findet man in der Jostmühle in Windisch-Minihof (Burgenland). Ein kleiner Kunst- und Handwerksmarkt. Nach einer Stunde kennt man jeden Besucher und jeden Aussteller und nach zwei Stunden singt man gemeinsam Weihnachtslieder.
16. Dezember von 14–18 Uhr

Velden, Kärnten

Stimmt schon, wenig Gedränge gibt es hier gerade nicht – aber es sind nur Italiener, die drängen. Auf Veldens Christkindlmarkt fühlt man sich wie in Florenz oder Rom, Kärntner sind in der Minderheit. Im Wörthersee schwimmt ein riesiger Adventkranz, der mit 80.000 Lichtern die Bucht erleuchtet. Und der Mandarinenpunsch ist ziemlich trinkbar. Zwei essentielle Kommunikationshelfer: „Buon Natale“ und „Corpo di Bacco!“
Bis 21.12., Freitag bis Sonntag

Mariazell, Steiermark
Die Basilika macht diesen Markt aus, hoch thront sie über dem Platz. Und die vielen, netten Kleinigkeiten – vom Engerlpostamt über die fünf Bastelstuben, das riesige Lebkuchenhaus, die 24 Kerzen auf dem enormen Adventkranz, die lebende Krippe mit Ochs, Esel, Schaf und Kuh. Empfehlenswert ist die rund einstündige Laternenwanderung um den Ort, danach kann man sich an offenen Feuerstellen wärmen.
Bis 23.12., Freitag bis Sonntag

Schloss Kornberg, Steiermark
1284 hat man das Schloss in der Oststeiermark zum ersten Mal erwähnt, im 16. Jahrhundert wurde die einst wehrhafte Burg zu einem Wohnschloss ausgebaut, 1871 kauften es die Grafen Bardeau und seit damals öffnete es die Familie für Ausstellungen und Veranstaltungen. Unter anderem für einen Kunsthandwerkermarkt in den (geheizten) Gewölberäumen. Und mit Glück kriegt man noch einen Platz beim Ritteressen mit Hofnarr und Gaukler Torxes von Freygeyst.
Bis 23.12. täglich von 10–18 Uhr

Hallein, Salzburg
Einzigartig ist dieser Christkindlmarkt durch seinen Ort: Alle Verkaufsstände sind im Gebäude der alten Saline. Angeboten wird viel netter Krimskrams, für die Kleinen gibt es einen Streichelzoo (sogar mit Alpakas) und danach kann man sich in den verträumten Gassen der einmaligen Altstadt verlieren.
Bis 23.12., Fr. 13–19, Sa., So. 10–19 Uhr

Linz, Oberösterreich
Nein, nicht der Weihnachtsmarkt am Hauptplatz – auch wenn man hier immer wieder nette Menschen trifft –, sondern der auf dem Alten Markt, und vor allem deswegen, weil er so seltsam ist: Klänge von Schalmeien und Dudelsäcken, Narren und Gaukler, ein Schmied, Glasbläser, Seifensieder – das Mittelalter feiert Advent. Kinderaugen leuchten angesichts der dargebotenen potenziellen Geschenke, auch wenn die nicht wirklich unter einen Christbaum passen: Steinschleudern aus Holz, Armbrust und Schwerter. Und für die Damen gibt es passenden Schmuck: Anhänger und Ohrringe mit Axt-Motiven.
13.–16.12., 11–22 Uhr, So. 11–19 Uhr

Rattenberg, Hall, Tirol
Tirol hat zwei besuchenswerte Märkte in besuchenswerten Städten: einmal im mittelalterlichen Rattenberg, das an den Adventwochenenden ausschließlich von Kerzen, Fackeln und offenem Feuer beleuchtet wird. Dazu gibt es viel sympathische Unterhaltung, u.a.Weihnachtskugelblasen. Hall gestaltet seine gesamte Altstadt, die größte Tirols, adventlich. Bemerkenswert sind die riesigen Zahlen des Adventkalenders, die auf die Hauswände projiziert werden. Essen sollte man Kiachln mit Sauerkraut, trinken den Adventwein beim Rathauscafé.
Rattenberg, Adventwochenenden
Hall: täglich bis 20 Uhr

Wien
Wohin im Osten? Nicht auf den Rathausplatz oder den Spittelberg, auch für Schönbrunn braucht man gute Nerven – es bleibt trotzdem genügend Besuchenswertes. Etwa der Adventmarkt beim Schloss Wilhelminenberg mit Blick auf die vorweihnachtliche Stadt (besonders sehenswert bei Schnee); der Markt im weitläufigen Türkenschanzpark ist recht okay; am 15./16. wird in Dornbach Advent gefeiert und für nächstes Jahr vormerken: der Markt in Mauerbach rund um die Kartause.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.12.2012)

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