Wo es wirklich weihnachtet

Advent im Salzburger Seenland
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Wer der Hektik zu Weihnachten entfliehen will, muss auf Roseggers Spuren wandeln oder die stille Nacht dort feiern, wo sie geschrieben wurde.

Es bleibt im Advent immer wenig Zeit, sich weihnachtlich zu stimmen. Geschenke sollten gekauft werden und werden es nicht, und die ganze Adventzeit drückt einen deswegen das schlechte Gewissen. Am Ende drängt man sich hektisch am 24. vormittags in die noch offenen Einkaufszentren und kämpft mit anderen Verzweifelten um Übriggebliebenes.

Die Christkindlmärkte tragen auch nicht wirklich dazu bei, sich auf die angeblich ruhigste Zeit des Jahres einzustimmen, weil sie am Ende jeden weihnachtlichen Ansatz, den sie durch ihre Existenz aufkeimen lassen, durch ihre Existenz auch wieder nachhaltig ruinieren: überzuckerter Alkohol, rücksichtsloses Gedränge, von verschüttetem Punsch klebende Wintermäntel, schreiende Kinder, entnervte Erwachsene. Christkindlmärkte können wahrscheinlich auch Kriege verursachen.

Vereinzelt aber gibt es über ganz Österreich verstreut weihnachtliche Kleinode, schöne Traditionen und wohlüberlegte Veranstaltungen, die die Hektik bremsen, das Leben verlangsamen und die Möglichkeit geben, innezuhalten und ruhig und weihnachtlich zu werden.


Wandern in Roseggers Waldheimat.
Etwa in Peter Roseggers Waldheimat. In der Region Waldheimat-Semmering-Veitsch lässt man das Jubiläumsjahr zum 170. Geburtstag des Heimatdichters ganz besonders ausklingen, nämlich mit einer Wanderung am Heiligen Abend.

Um 19.45 Uhr ist Treffpunkt auf dem Dorfplatz in St. Kathrein am Hausenstein. Dort geht es im Bus auf das Alpl und dann zu Fuß zu Roseggers Geburtshaus (etwa 20 bis 30 Minuten), wo der Dichter 1843 als das Älteste von sieben Kindern des Waldbauern Lorenz Roßegger und seiner Ehefrau Maria geboren wurde. Dort findet eine kurze Weihnachtsbesinnung mit einer Lesung aus den Werken des Autors statt. Im Fackelschein geht es dann vom Geburtshaus über den Christmettenweg in die Pfarrkirche St. Kathrein, ganz nach Peter Roseggers Erzählung „In der Christnacht“. Zwei bis zweieinhalb Stunden dauert die Wanderung laut den Veranstaltern. Vor der Kirche spielen Blasmusiker, klassisch um Mitternacht findet dann die Christmette statt.

„Stille Nacht“ in Oberndorf.
Sehr still geht es am 24. Dezember auch in Oberndorf in Salzburg zu, wo Franz Xaver Gruber und Joseph Mohr vor 195 Jahren zum ersten Mal „Stille Nacht, heilige Nacht“ aufführten. Seit Jahren wehrt sich die kleine Gemeinde erfolgreich gegen alle Ideen, den Geburtsort des bekanntesten Weihnachtsliedes der Welt nach Vorbild von Disney-World auszuschlachten. Und daher feiert man auch den 24. Dezember sehr friedlich und sehr unaufgeregt, ohne Endlosversionen von „Stille Nacht“ in allen 300 Sprachen, in denen das Lied gesungen wird.

Um 17 Uhr wird am 24. Dezember vor der kleinen Kapelle gefeiert, die an der Stelle jener Kirche steht, in der Mohr und Gruber auftraten (sie wurde 1906 nach einem Hochwasser abgerissen). Es gibt keine große Bühne mit Scheinwerfern und auch keine Verkaufsstände. Vor der Kapelle stehen nur zwei Männer mit einer Gitarre, wie damals Mohr und Gruber, und singen „Stille Nacht“ – alle sechs Strophen.


Das Christkindl in Steyr.
Wer sich vorher noch weihnachtlich einstimmen will, dem sei ein Besuch in der „Christkindlstadt“ Steyr empfohlen. Seit 1950 gibt es hier das Christkindl-Postamt, und die Stadt hat sich sehr bemüht, ein angemessenes und nicht allzu kitschiges und kommerzielles Umfeld zu schaffen. In der malerischen Altstadt gibt es beispielsweise einen stimmungsvollen Adventmarkt mit einer singenden Krippe, Adventblasen und einer Schmiedewerkstatt. Für den Garstner Advent vor der barocken Stiftskirche ist es zwar zu spät, aber ein Spaziergang beim Stift hat seinen sehr eigenen Charakter. Beim Postamt kann man sich übrigens noch bis zum 24. Dezember um 12 Uhr den Stempel „4411 Christkindl“ abholen.
„Christkindl anschießen“ in Dürrnberg.Ziemlich laut wird es am 24. Dezember in Bad Dürrnberg bei Hallein, wo man dem – beim ersten Lesen – irritierenden Brauch des „Christkindl Anschießens“ nachgeht. Es geht nicht darum, das Christkind zu treffen. Vielmehr soll das Schießen die Freude über Weihnachten zum Ausdruck bringen – auf eine etwas lautere Art und Weise halt.

Die ersten Schützen in Dürrnberg sind bereits im 17. Jahrhundert dokumentiert, noch heute verwenden die Schützenmitglieder einen Handböller, einen etwa zwei Kilogramm schweren Vorderlader. Um 12 Uhr mittags werden die ersten Salven abgeschossen. Ab dann treten die etwa 40 Mitglieder des Vereins stündlich vor die eigene Haustüre und schießen nacheinander Salven ab. Das ganz große Böllern gibt es dann um 22.45 Uhr knapp vor der Christmette.


Krippenschau in Innsbruck.
Eine Krippe gehört in Tirol zur Weihnachtszeit in das Wohnzimmer wie ein Christbaum. Seit hunderten Jahren werden Krippen geschnitzt, selbst gebastelt oder fantasievoll jedes Jahr erweitert, bis sie das halbe Wohnzimmer einnehmen. Ebenso traditionell wie das Krippenbauen ist das Krippenschauen: Man besucht die Nachbarn, bewundert deren Krippen und stößt auf Weihnachten an.

Weil nicht jeder einfach zu irgendeinem Tiroler ins Haus gehen kann, veranstaltet das Tiroler Volkskunstmuseum jedes Jahr eine Krippenschau. Die Krippen aus Holz, Wachs, Ton oder auch nur Karton reichen zurück bis ins 18. Jahrhundert. Ausgestellt sind sie, wie in den meisten Tiroler Häusern, bis 2. Februar – dem Fest von Maria Lichtmess, zu dem früher die Weihnachtszeit endete.

Fakten

Stille Nacht. Am Heiligabend 1818 führten der Arnsdorfer Dorfschullehrer Franz Xaver Gruber und der Hilfspfarrer Joseph Mohr in der Kirche St. Nikola in Oberndorf bei Salzburg das Weihnachtslied „Stille Nacht, heilige Nacht“ zum ersten Mal auf.

Das Lied gilt als das beliebteste Weihnachtslied der Welt und wird in etwa 300 Sprachen gesungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2013)

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