Kanada: Teddybär gegen Strafzettel

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In der Stadt Cambridge, 100 Kilometer westlich von Toronto, können Parksünder während der Adventzeit ihre Strafen mit Spielzeug bezahlen. Das landet unter den Christbäumen von Kindern aus ärmeren Familien.

Ottawa. „Natürlich ist es nicht toll, einen Strafzettel für falsches Parken an der Windschutzscheibe zu sehen“, räumte Doug Craig ein. Aber der Bürgermeister der kanadischen Stadt Cambridge hat eine Empfehlung für alle, die sich über ein Strafmandat ärgern: „Bezahlt es in Form eines Spielzeuggeschenks für Kinder aus einkommensschwachen Familien und bereitet diesen eine Freude.“

In Cambridge, einer 125.000 Einwohner zählenden Stadt rund 100 Kilometer westlich von Toronto, lief die Kampagne Toys for Tickets – Spielsachen für Strafzettel – heuer zum sechsten Mal. Autofahrer, die im Stadtgebiet einen Strafzettel für Falschparken kassierten, konnten das Bußgeld begleichen, indem sie in der Stadtverwaltung ein Spielzeug im selben Wert abgaben. Mit einem Kassenbon mussten sie den Preis des Geschenks nachweisen. Von der Aktion ausgeschlossen waren Strafmandate für unberechtigtes Parken auf Plätzen, die für Menschen mit Behinderungen reserviert sind.

„Es ist sehr beeindruckend, wie die Gemeinde dieses Programm aufnimmt“, erzählt der Bürgermeister im Gespräch mit der „Presse“. „Die Leute mögen Strafzettel nicht. Aber wenn sie zu uns kommen, auf ihren Strafzettel den Stempel ,Bezahlt‘ bekommen, weil sie ein Spielzeug mitbringen und dieses unter den großen Weihnachtsbaum in der Eingangshalle des Ratshauses legen, dann haben viele von ihnen ein Lächeln im Gesicht“, sagt Craig, der seit vierzehn Jahren Bürgermeister von Cambridge ist, das zusammen mit Kitchener und Waterloo die Hightech-Region Technology Triangle in der Provinz Ontario bildet.

Bürger spenden auch freiwillig

Die Spielsachen, die im Advent zusammenkommen, werden der Feuerwehr von Cambridge übergeben. Seit vielen Jahrzehnten unterstützt sie mit ihrem Christmas Basket, dem Weihnachtskorb, bedürftige Familien.

Dafür werden nicht verderbliche Lebensmittel und Spenden gesammelt und seit 2009 auch Spielsachen im Rahmen der Aktion Toys for Tickets. Auch Bürger, die kein Strafmandat bekommen, bringen Spielzeug.

Die Idee zu diesem Programm hatte vor sechs Jahren ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung. „Von Anfang an kam die Aktion in der Bevölkerung gut an“, sagt der Bürgermeister.

Meist weisen die Strafzettel ein Bußgeld von 20 Dollar aus, umgerechnet rund 15 Euro. Wenn verspätet gezahlt wird, verdoppelt sich der Betrag. „Das Spielzeug soll ungefähr den Wert des Strafzettels haben“, meint Doug Craig. „Aber so genau nehmen wir es nicht. Wir sind da großzügig, ganz im Geist des Weihnachtsfests.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2014)

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