BMW: Wie viel Prius steckt im 3er-Hybrid?

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Für BMW ist Hybrid kein Sparverein, sondern Edelspaß mit Sportwagen-Thrills. Nicht ganz zufällig haben Active Hybrid 3 und der heißblütige BMW M135i den gleichen Motor.

Die deutschen Hersteller wurden lange dafür gescholten, dass sie den von Toyota auf Schiene gebrachten Hybridzug gern an sich vorbeifahren ließen und stattdessen Diesel predigten. Der Markt hat die Dinge insofern geregelt, als heute kein global auftretender Hersteller ohne Hybrid- und Elektroangebot sorgenfrei in die Zukunft blicken kann, wobei weniger die rasende Nachfrage treibt als aktuelle oder bevorstehende Sanktionen durch gesetzliche CO2-Regelungen. Diesel-Pkw, die sich mit der Luftreinhaltung ein bisschen schwer tun, dürften bis auf Weiteres ein europäisches Phänomen bleiben.

Bei BMW hat man das größte Maß an Pragmatismus an den Tag gelegt und verfügt bereits über drei Baureihen mit Hybridoption, im nächsten Jahr gehen zudem zwei Elektrovehikel unter der Submarke „i“ in Serie. Doch wie viel Prius steckt in BMWs Hybriden? Nach 7er- und 5er-„Active Hybrid“ verfolgt auch der elektrisierte 3er den Zugang, wonach fahrdynamische Selbstkasteiung, in der sich der Pionier Prius übt, kategorisch auszuschließen ist. Im Active Hybrid 3 kann man elektrisch und damit temporär emissionsfrei dahinrollen, man kann aber auch in 5,3 Sekunden vom Stand auf Tempo 100 jagen, derlei Werte waren bis vor Kurzem den M-Modellen des Hauses vorbehalten.

Sportwagen vom Leib halten

Der Zugang ist nicht unbedingt neu, auch Lexus versorgt seine Hybriden mit so viel Leistung, dass sie sich Sportwagen in aller Regel problemlos vom Leib halten können. Mit dem Active Hybrid 3 ist nun aber das definitiv sportlichste Auto der seltsamen Gattung auf dem Markt. Dass es bei ihm nicht um mönchische Sparsamkeit geht, verrät schon der Umstand, dass hier ein 3,0-Liter-Sechszylinder mit doppelter Turboaufladung den Motorraum bespielt. Der Elektromotor, den der Getriebehersteller ZF kompakt in die Achtgangautomatik integriert hat, schießt den 306 PS und 400 Newtonmeter nochmals Leistung und Drehmoment zu, sodass sich die sogenannte Systemleistung auf 340 PS und 450 Nm summiert – nicht unbedingt Kennzahlen, die ausgewiesene Klimaversteher vor sich hertragen. Im Sportmodus fühlt sich der 3er an, als würde man auf einem gespannten Katapult sitzen.

Der BMW beherrscht freilich auch andere Tricks. Über eine Kupplung lässt sich der Benzinmotor vom Antrieb trennen, sodass der E-Motor übernehmen und das Auto allein antreiben kann (oder es treibt gar niemand an, wenn „gesegelt“ wird); es sind dies jedoch rare Augenblicke, die nicht nur einen sehr zärtlichen Umgang mit dem Gaspedal voraussetzen. Die Batterie ist unter dem Kofferraumboden untergebracht, was Höhe kostet, nicht aber Tiefe oder die Durchreichmöglichkeit btor auch das komplette Bordsystem mit Klima samt Servo für Lenkung und Bremsen. Sie ist an kalten wie heißen Tagen schnell erschöpft. Während für ausdauernde Ruhephasen an der Ampel und alleweil elektrisches Rangieren gesorgt ist, mischt sich der Benzinmotor in Fahrt beharrlich ins Geschehen.

Was man ja gern in Kauf nimmt, der Reihensechser betört mit Klang und Laufkultur, und kaum eine Gelegenheit für einen schnellen Sprint lässt man ungenutzt. Der Preis ist ein Verbrauch, der leicht über dem Doppelten des Normwerts von 5,8 l/100 km liegen kann. Immerhin verhelfen sechs Prozent Nova zu einem moderaten Aufpreis von 5000 Euro zum 3er mit Sechszylinder, wenn man doch noch ein Argument sucht.

Klarer ist die Intention des M135i, der dennoch Ähnlichkeiten zum 3er-Hybrid aufweist – etwa den gleichen Motor, der im stärksten 1er 320 PS leistet. Dafür scheint der Preis von unter 50.000 Euro aufregend gut angelegt. Das volle Drehmoment fällt dank zornigen Turbos quasi ab Leerlauf ein wie eine Reiterhorde: Es bestätigt sich einmal mehr der Verdacht, dass BMW in höchster Motorisierung am besten zur Entfaltung gelangen. Auch in Zeiten des Hybrids: Auf „M“-Attribute versteht sich die Marke immer noch am besten.

Auf einen Blick

BMW Active Hybrid 3
Maße:
L/B/H: 4624/1811/1429 mm. Radstand: 2810 mm. Leergewicht: DIN/Euro 1655/1730 kg. Kofferraumvolumen: 390 Liter. Motor: Reihensechszylinder-Otto, Turbo, 2979 cm³. Leistung: 225 kW/306 PS. 400 Nm.
Leistung: E-Motor 40 kW/55 PS, 210 Nm. Systemleistung: 250 kW/340 PS. 450 Nm.
Heckantrieb. Achtgangautomatik.
0-100 km/h in 5,3 sec.
Testverbrauch: 11,8 l/100 km.

Preis: 55.550 Euro.

BMW M135i
Maße:
L/B/H: 4340/1765/1411 mm. Radstand: 2690 mm. Leergewicht: DIN/Euro 1445/1520 kg. Kofferraumvolumen: 360–1200 l.

Motor: Reihensechszylinder-Otto, Turbo, 2979 cm³. Leistung: 235 kW/320 PS. 450 Nm ab 1250/min.
Heckantrieb. Achtgangautomatik.
0-100 km/h in 4,9 sec.
Testverbrauch: 12,2 l/100 km.
Preis: 49.482 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2012)

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