Citroën: Es kann zuweilen hart sein, eine Göttin zu lieben

Citron DS5
Citron DS5Jürgen Skarwan
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Wenn Citroën für ein neues Auto die Magie der legendären DS beschwört, ruft das Verehrer auf den Plan. Die braucht der DS5 auch - Autokavaliere mit großem Herz.

Was immer man gegen dieses Auto vorzubringen hat – und wir hätten einiges auf der Liste –, der Herr Fotograf, seit jeher Verehrer des Doppelwinkels, lässt einen dastehen wie einen kleingeistigen Nörgler, der das große Ganze nicht sieht.

Dass das Kupplungspedal einen langen Weg und so einen ungünstigen Winkel hat, dass Schalten in der Stadt schnell zum Mühsal wird?

„Dieses Auto hat Charme“, erklärt der Herr Fotograf.

Dass der DS5 grandios verbaut ist, man hinten nicht raussieht und vorn eine zweigeteilte A-Säule hat, die einem speziell beim Einbiegen die Sicht nimmt, meist genau dorthin, wo oft der Zebrastreifen ist?

„Es ist nie was passiert.“

Dass man von den auf dem Papier ausgewiesenen 200 PS nichts merkt, weil es eigentlich eher zäh dahingeht?

„Ich hätte auch eher auf 150 PS geschätzt“, so der Fotograf, „dafür trinkt er brav.“

In der Tat: Nur äußerst behutsamer Umgang mit dem Gaspedal ließ uns einen Wert im Einstelligen erreichen. Das liegt auch am relativ hohen Gewicht des Autos, was man nicht nur beim Beschleunigen, sondern auch am Verbrauch merkt. Nicht gespart wurde an glänzendem Chrom, das außen wie innen großzügig verteilt ist.

„Eigenwillig, aber hübsch!“

Und so geht das dahin.

Einer Göttin verfallen

Die Marke hat es freilich noch nie allen recht machen wollen. Jedenfalls war das früher so, als jenes Rendezvous von Extravaganz und Innovationskraft zu Meilensteinen führte – allen voran die legendäre DS, gebaut von 1955 bis 1975.

Es gibt Menschen, die diesem Auto und seinem selbstbewussten Ausdruck von Eigenart so verfallen sind, dass für sie ein Leben lang keine andere Marke mehr infrage käme. Die DS – ausgesprochen, wer das nicht weiß, klingt das im Französischen wie Déesse, Königin – hatte noch anders lautende Nachfolger, von denen der letzte im Vorjahr eingestellt wurde.

Eigenartig blieben die Autos von Citroën. Nur der Appeal von Extravaganz und Innovation war nach vielen Jahren der Allerweltsmodelle im Konzernverband mit Peugeot gründlich abgetragen.

Den Zugang zum lukrativen Premiumsegment, das außer Reichweite geraten war, sollte die Wiederbelebung des DS-Labels eröffnen, als erstes Modell kam der DS3 im Jahr 2010 auf den Markt.

DS steht seitdem für die luxuriöse Linie der Marke. Doch speziell Fans der alten Schule reagieren empfindlich auf das Recycling des großen Namens. Sie fragen sich, was von der alten DS denn in den neuen Autos steckt.

Schweben ist vorbei

Mit dem DS5 ist Citroën zweifelsfrei ein Auto gelungen, das aus der Menge heraussticht. Und auch bei der Eigenart ist man geblieben – nur dass sie schon an Sturheit grenzt. Was auch unserem kunstsinnigen Fotografen nicht entgangen ist: Im Innern macht sich eine Mittelkonsole ungehörig breit, ohne dass sie eine spezielle Funktion böte – ja, nicht einmal Ablagen für Handy oder Getränke. Derlei Kleinkram soll man offenbar in unpraktischen Tür- oder Dachfächern verstauen.

Am schwersten wiegt aber der Vorwurf, das Fahrgefühl des DS5 ähnle einem BMW. Nur dass die Straffheit hier nicht sportlich ist. Speziell die Hinterachse rumpelt geräuschvoll über schlechte Straßen. Doch das Luftig-Leichte, das Schwebende – es war einmal Markenzeichen der Franzosen.

„Das Schweben übernehmen die Schwaben“, bemerkt unser Fotograf bitter.

Wahre Liebe ficht das alles freilich nicht an: „Wenn ich Geld hätte, würde ich ihn mir kaufen. Was kostet er denn?“

Auf einen Blick

Citroën DS5 200 THP Sport Chic

Maße: L/B/H 4530/1871/1504 mm, Radstand 2727 mm, Eigengewicht 1512 kg, Kofferraum 468–1288 l, Frontantrieb, 6-Gang manuell.

Motor: R4-Zylinder-Otto, 1598 cm, 147 kW (200 PS), 275 Nm,
Testverbrauch 9,9 l/100 km.

Preis: 40.650 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2013)

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