BMW M550d: Turbo-Gedränge im Motorraum

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ingenieurleistung aus Österreich: Der 381 PS starke Dieselmotor des BMW M550d. Bei dieser Marke sollte es einige Zeit bleiben. Aber wer weiß das schon.

Den Fahrer eines M5, als der er sich vorstellte, trieb nur eine Frage um, als er uns auf der Straße ansprach: „Kann man schon umsteigen?“

Nun: nein. Dies ist kein M5 in Dieselversion, vermutlich deswegen, weil es einen M5 als Diesel nie geben wird oder kann (auch wenn Tuner Alpina einen D5 im Programm hat). Der süße Wahnsinn eines über 7000 Touren wütenden Hochleistungs-V8 ist als Selbstzünder nicht darstellbar. Was allerdings nicht bedeutet, dass man nicht in diese Richtung forschen würde. Und zwar im oberösterreichischen Steyr, wo seit jeher alle Dieselmotoren von BMW entwickelt werden.

Zunächst: BMW hat eine Zwischendecke eingeschoben – Autos, die sich mittels M-Emblem von der bereits gut motorisierten Menge abheben, aber noch nicht am Plafond der vollwertigen M-Modelle kratzen. So wird dem M550d der zweitürige M135i nachfolgen und so weiter. Richtig tippt, wer annimmt, dass es hier hauptsächlich um Power geht – nicht bloß gepflegt übermotorisiert, sondern richtig. Der 3,0-Liter-Diesel, ein Reihensechszylinder, stellt das derzeit Machbare dar: Aus nicht übermäßig viel Hubraum schöpft er 381 PS und 740 Newtonmeter Drehmoment.

Zwei laufen immer

Es sei kein einfacher Weg dorthin gewesen, erläutert Rudolf Wichtl, Urgestein der Dieselmotorenentwicklung in Steyr und Teamleiter. Schließlich, um nur einen Zielkonflikt zu nennen, durfte das Aggregat nicht zu schwer ausfallen, um nicht unsportlich auf die Vorderachse zu drücken. So ein Turbolader, so Wichtl, wiege aber gut 15 Kilogramm, und im Motorraum des M550d sind nicht weniger als drei davon verbaut: zwei in Hochdruck- und einer in Niederdruckausführung, samt variabler Turbinengeometrie.

„Zwei Lader laufen immer“, erklärt Wichtl, der dritte mische sich per Klappensteuerung ins Geschehen, wenn es am Gaspedal pressiert. Mehr Luft ist aber nur eine Zutat, es muss auch schlicht mehr Sprit in die Brennräume. Mit bis zu 2200 bar Einspritzdruck arbeitet das Common-Rail-System, üblich – bei starken Motoren – waren bislang maximal 2000 bar. In der Folge sind die Zylinder einem Zünddruck von 200 bar ausgesetzt, mit denen die Kolben nach unten gedrückt werden. Dass es den Leichtbau-Motor aus Aluminium nicht schon beim Warmlaufen zerbröselt, liegt an einem konstruktiven Kunstgriff, den sich Wichtl und sein Team einfallen lassen mussten: Zuganker statt der gewohnten Verschraubung, die den Kräften nicht standgehalten hätte.

An die Grenzen stieß man auch bei den Emissionen: „Beim NOx ist kaum noch Spielraum.“ Jene Gruppe der Stickstoffoxide erfährt mit der bevorstehenden Euro-6-Norm, die der Motor erfüllt, eine ambitionierte Regulierung. Auch der Rußpartikelfilter mit dem gewaltigen Gegendruck habe zu schaffen gemacht. Zudem müsse das Abgas in allerkürzester Zeit (deutlich unter zehn Sekunden nach dem Starten) auf hohe Temperatur gebracht werden, damit die Katalysatoren wirken.

Gäbe es keinerlei Regularien, was wohl niemand wollte, ließen sich dem Motor noch weitere 40 kW entlocken, gesamt also weit über 400 PS. Das Preisniveau des M550d legt nahe, dass diese Leistungsregion dauerhaft einer kleinen Zielgruppe vorbehalten bleibt. Was zu hoffen ist – das PS-Wettrüsten beim Diesel ist kaum von ökologischen Erwägungen getrieben.

Wie fährt sich der Gewaltdiesel? Kultiviert und unauffällig, bis man nachdrücklicher aufs Gaspedal steigt und den Kopf sehr tief in die Nackenstütze bettet, begleitet von furiosem Klang, wie man ihn von Selbstzündern bislang nicht kannte, ebenfalls Resultat der alchimistischen Kräfte, die in Steyr zugange sind. Allrad bringt die Leistung sicher auf die Straße, nimmt aber den sportlichen Thrill, wie er Markenzeichen des M5 ist. Den Normverbrauch von 6,3 Liter haben wir überdeutlich verfehlt.

Auf einen Blick

BMW M550d

Maße: L/B/H 4910/1860/1454 mm. Gewicht ab 1895 kg. Ladevol. 520l. Motor: R6-Zylinder-Turbodiesel, 2993 cm, 381 PS, 740 Nm. 0–100 in 4,7 sec. Testverbr. 9,4 l/100 km.

Preis: 90.940 Euro (inkl. Ö-Paket).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2012)

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