Gasteinertal: Ist das Kunst oder kann das weg?

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Fantasiewesen in der Tennishalle, gewagte Sprünge im Casino und eisige, freche Skulpturen auf der Piste: Beim zweiten Kunstfestival "Art on Snow" in Gastein kommt in der ersten Februarwoche einiges zusammen.

Schneeskulpturenbauer sind ein eigenes Volk. Ob bei minus 15 Grad an der Schlossalm-Bergstation oder im dampfigen Après-Ski-Treff: Sie tragen drei dünne Kleiderschichten und halten sich ohne Handschuhe an einem kühlen Getränk fest. Einziger Unterschied: Am Berg, bei der Arbeit, gab es ein Cola, im Tal, nach der Arbeit, ein Bier.

„Wir sind halt gelernte Bildhauer und Steinmetze, da ist man nicht zimperlich“, so die lapidare Erklärung von Sebastian Müller und Thomas Craig. Aus einem sechs Quadratmeter großen Schneeblock formt das „Schneebild“-Duo mit Motorsäge, Kelle und Ziehschlingen einen fettleibigen Couch-Potato, der den vorbeifahrenden Wintersportlern keck die Zunge herausstreckt.

Auf dem Gipfelplateau des Fulsecks fällt die Begrüßung zurückhaltender aus: Die Eisskulptur „Der Mann hinter der Maske“ von Alex Neumayer, im Brotberuf Koch, blickt versonnen in die Ferne. Dank eisiger Temperaturen im Februar 2012 hielten sich die Eis- und Schneeskulpturen weit über die Gasteiner „Art on Snow“-Tage hinaus. Von 2. bis 10. Februar 2013 werden neue entstehen, geplant sind mehr Figuren als im vorigen Jahr. Platz ist am Berg jedenfalls genug, aber auch im Tal steht den Künstlern viel Ausstellungsfläche zur Verfügung. „In einer Stadt hätte dieses Festival nichts verloren“, so der Veranstalter Josef Gruper von der Agentur style and sport. Er und sein Team entscheiden, welche Künstler vertreten sind. Es geht ihm um eine gute Mischung und darum, „die Menschen hinter Sport und Werk zu zeigen“. Einmal eingeladen und angereist, gestalten die Fotografen, Designer und Kunstschaffenden ihre Schauwände selbst. „Ums Verkaufen geht es vielleicht fünf von 30 Künstlern“, sagt Gruber. „Wichtiger ist das Nachfolgegeschäft.“ Nicht selten stoßen Vertreter der Snowboard- und Skiindustrie so auf ihre künftigen Ideengeber. Die Wahl-Berliner Mateo Dineen und Johan Potma haben bereits eigene Galerien und sind in zahlreichen anderen vertreten. Sie packten einige der für sie typischen Monster und ließen sie in Bad Hofgastein Tennishallenluft schnuppern. Ein Zufall: Die Farbwelt des Ausstellungsortes passt bestens zu den erdigen Farbtöne ihrer Fantasiewesen, die auf alten hölzernen Oberflächen ihren Schabernack treiben.

Kunst von Snowboarder-Promis

Die Umgebung färbt auch auf die Künstler ab: „Ich will Tennis spielen!“, ruft Dineen. Mangels Netzen und Bällen bleibt den beiden Freunden aber nichts anderes übrig, als auf der mitgebrachten Bank Platz zu nehmen, um Postkarten und Kalenderdrucke ihrer Werke an die Besucher zu verkaufen. Ihre Bilder erfordern bereits eine schwere Brieftasche.

Obwohl die „Art on Snow“-Organisatoren mit dem Aufdruck „Ist das Kunst oder kann das weg?“ auf ihren Shirts herumlaufen: Die Bilder bleiben natürlich hängen, jeder der anwesenden Künstler freut sich über ein Gespräch und erklärt bereitwillig die Inspirationen und Ideen hinter den Arbeiten.

Quasi unter sich ist die Ski- und Snowboardszene im Bad Gasteiner Casino: Umgeben von einem roten Teppich und goldenem Stuck hängen hauptsächlich actionreiche Fotografien von Sprüngen und Tiefschneeschwüngen, aber auch Kunstwerke von bekannten Fahrern an den Wänden. Nicht selten verwenden die „Künstlersportler“ alte Skate- oder Snowboards als Unterlage für ihre Werke. Körperliche Geschicklichkeit und Kreativität sind eben sowohl „on art“ als auch „on snow“ gefragt. Die Melange daraus kann sich jedenfalls sehen lassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2013)

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