Sizilien: Rosmarin und Rosen

Sizilien ist ganz großes Theater: Kulissen der Antike, fruchtbare Haine, ein spuckender Vulkan und das große Blau des Mittelmeers.

Cefalù an einem sonnigen Tag im März. Enge Gassen führen hinunter zum Fischerhafen, gesäumt von Bistros und Fischrestaurants. In den Cafés auf der Piazza Duomo plaudern alte Männer unbeeindruckt der Touristen, die den Normannendom bewundern. Auch Flavio findet ihn großartig, obwohl der Kellner mit Kunst und Geschichte nichts am Hut hat. Sein Reich ist die kleine Trattoria, die vorwiegend Einheimische besuchen. Aus der Küche duften die mit Koriander und Knoblauch verfeinerten Spaghetti al pesto trapanese. Wer hier den Frühlingstag mit einem Cappuccino beginnt, erlebt den ganz normalen italienischen Alltag: Händler überfliegen die Schlagzeilen des Lokalblattes, junge Frauen tuscheln in den Hauseingängen, ein paar Pensionisten genießen das ruhige Leben.

Friedlich liegt die Bucht vor dem gigantischen Kalkfelsen. Nur die gewaltigen Mauern an der Hafenmole erinnern daran, dass das Mittelmeer hier auch anders kann. Der Legende nach packte ein Orkan wenige Kilometer nördlich, zwischen den Klippen und Vulkankegeln der Liparischen Inseln, die winzige Kriegsflotte des Normannen Graf Roger, ließ sie zerschellen. Der Papst hatte sie auf diese Seereise geschickt. Ihr Auftrag: Sizilien von den Mauren zu befreien. An der Stelle, wo der Sturm die Schiffe an Land spülte, wollte er als Dank eine kleine Kirche errichten. Bis heute wird an der Kathedrale gebaut. Graf Roger zog schon bald nach Palermo, wo er sich einen mächtigen Palast hinsetzte, von dem er, 1131 zum König ernannt, über die Insel herrschte.

Cefalù geriet in Vergessenheit, letztlich ein Glück für das einstige Fischerdorf. So blieb sein mittelalterliches Bild erhalten, und der Start von hier aus in den Urlaub ist ideal. Nur: Wohin zuerst, wo die Insel doch schwer zu überblicken ist? Etwa zu den blühenden Mandelbäumen im Süden oder den weißen Salzpyramiden nach Tràpani? Oder zum Strand von Giardini Naxos oder doch ins Tempeltal von Agrigento, dem antiken Akragas? Soll man die Inselhauptstadt Palermo auslassen und gleich nach Ragusa fahren, das nach einer scharfen Kurve wie ein Ölgemälde vor einem liegt? Viele Reisende zieht es auch ins alte Syrakus mit den romantischen Gassen auf der vorgelagerten Insel Ortygia. Oder überquert man besser das Landesinnere der ehemaligen „Kornkammer Italiens“? Und was ist mit den Zitronen- und Orangenhainen, von denen der wohl berühmteste Italienreisende, Johann Wolfgang von Goethe, schon schwärmte?

Großes Theater. Die Wiesen an den Bergen der Madonie haben sich in bunte Teppiche verwandelt. Eine Rundfahrt steckt voller Überraschungen. In der Karwoche feiern die Sizilianer ihre großen religiösen Feste: Plötzlich, in einem der vielen namenlosen Bergdörfer, gerät man mitten in österliche Prozessionen. Auf dem Platz vor der Kirche drängen sich die Dorfbewohner. Carabinieri bahnen sich eine Gasse durch die Menschenmenge. Trommelwirbel, Gesang, feierliches Glockengeläut. Kinder in roten Umhängen und weißen Kapuzen strömen aus der Kirche, gefolgt von Männern in Kutten, die schwere Altäre auf den Schultern schleppen und riesige Figurengruppen, die die Passion Christi zeigen. Von sizilianischer Frömmigkeit ist in Taormina wenig zu spüren. Über den Corso Umberto, vorbei an Antiquitätenläden, Bars und Cafés, führt der Weg hinauf zu der Sehenswürdigkeit, die kein Besucher versäumen darf – zum griechischen Theater. Am frühen Morgen, wenn goldenes Licht über dem Vulkan liegt, sind die wenigen Besucher von der Aussicht auf den 3323 Meter hohen, schneebedeckten Ätna so ergriffen, dass sie nur noch flüstern. Auch Goethe war von dieser Kulisse derart begeistert, dass er das Teatro Greco als den „schönsten Platz der Welt“ empfand.

Schmelztiegel. Viele Völker haben in den dreitausend Jahren Geschichte begehrlich ihre Hände nach der größten und wertvollsten Insel im Mittelmeer ausgestreckt, haben sie erobert und geprägt. Die wechselnden Herrscher haben mehr als nur Kunstschätze hinterlassen: Die Griechen brachten Wein und Oliven, die Römer Getreide, die Araber Mandeln, Pistazien, Zitrusfrüchte und Zuckerrohr, die Spanier Tomaten und Kaktusfeigen. Und damit auch eine überbordende Fülle an Speisen und Getränken, die die Küche zu einer der interessantesten Italiens macht.

Nach Palermo, dem lebendigen Schmelztiegel all dieser Kulturen, ist die kleine Bergstadt Monreale fast unwirklich still. Allein aus diesem Grund würde aber kaum jemand hierher kommen. Monreales Schätze liegen anderswo: im Innenraum des Domes Santa Maria la Nuova, der ganz in Gold schimmert. 6300 Mosaike mit Bibelmotiven erzählen einzigartige Bildergeschichten – hundert Jahre vor den bahnbrechenden Fresken eines Giotto. Gleich um die Ecke, im Chiostro des ehemaligen Benediktinerklosters, gleicht keine der 228 Marmorsäulen der anderen. Dieser Kreuzgang zählt zu den schönsten der Welt.
Im Landesinneren, in Selinunte und Seges­ta, haben die Griechen ihre mächtigen Tempel gebaut – prächtiger und höher als im Mutterland. Wenn man unter den 36 Säulen des dorischen Tempels von Segesta steht und die letzten Sonnenstrahlen die Gemäuer in sanftes Licht hüllen, bietet sich dem Besucher eines der schönsten Inselschauspiele: Die ins Meer sinkende Sonne taucht das Lagunenland in Rot.

TIPP

Veranstalter: u. a. mit Italienspezialist Selektiv Reisen, 4600 Wels, Stadtplatz 36, 07242/260 66; www.selektiv-reisen.at
Infos: Internationale Zentrale für Tourismus E.N.I.T; 01/505 16 39, Ferienmesse Halle A Stand A1010

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