Der emeritierte Pontifex wird im Grünen wohnen und im Klostergartl seine Gemüsebeete pflegen.
Päpste haben jedenfalls Vorrang, wenn es ums Lustwandeln durch die Vatikanischen Gärten geht. Der weitläufige Grünraum ist das Refugium des Pontifex, sein Ruhe- und Meditationsort, nur ausnahmsweise dürfen Besucher hinein, vormittags, in Kleinstgruppen. Mehr als die Hälfte des Staatsgebietes des Vatikans bedeckt gezähmte Natur in Gartengestalt. Feinsäuberlich gestutzte Hecken schimmern dunkelgrün im Sonnenlicht, das Auge des kontemplativen Spaziergängers gleitet über beruhigend adrett getrimmten englischen Rasen. Geschwungen verlaufen die Wege, ausgelegt mit San Pietrini, den Pflastersteinen Roms aus dem vulkanischen Mineral Leucit, die ihren Namen dem heiligen Petrus verdanken. Es herrscht perfekte Symmetrie in den Blumenrabatten des Vatikans. Über der grünen Wohlfühloase wölbt sich freundlich die Kuppel des Petersdoms. Königspalmen ragen in den Himmel, von Wasser aus unterirdischen Quellen gespeist. Mehrere Brunnen aus Renaissance und Barock erfreuen mit ihren glucksenden Wasserspielen. Ein Wäldchen aus Pinien, Eichen und Zypressen ist die Heimat von Fledermäusen, Eichhörnchen, Kaninchen, Papageien und Schlangen.
Locker verstreut stehen einige Bauwerke in den Gärten. Beim Johannesturm (1), von dem auch Sendesignale ausgestrahlt werden, residiert die Direktion von Radio Vatikan. In der Casina Pio IV. ist die päpstliche Akademie der Wissenschaften untergebracht. Auch für die päpstliche Mobilität ist im Gartenreich gesorgt: mit einem Kopfbahnhof, 1929 eröffnet (11), und dem Heliport auf der westlichsten Bastion (seit 1978). Davor waren die Römer regelmäßig in Rage geraten ob der Ausfahrten des Papstes, die den Verkehr in der ewigen Stadt lahmlegten. Jetzt knattert er im Hubschrauber von den Vatikanischen Gärten zum Landsitz Castel Gandolfo am Albaner See.
Derzeit voll belegt ist die Domus Sanctae Marthae, das Hotel im Vatikan. Kardinäle aus aller Herren Länder sind zum Konklave in den Vatikan geströmt, die meisten von ihnen logieren im Haus der heiligen Martha auf fünf Stockwerken mit 106 Suiten.
In einer besonders stillen Ecke in den Gärten hat Papst Johannes Paul II. das Kloster Mater Ecclesiae (2) gegründet, ein Nonnenkloster, das in den vergangenen Jahrzehnten im Fünf-Jahres-Turnus von unterschiedlichen Frauenorden bewohnt und bewirtschaftet wurde. Klarissen, Karmelitinnen und Benediktinerinnen bestellten den Klostergarten und lieferten die bittersüße Orangenmarmelade für den päpstlichen Frühstückstisch ebenso wie Obst, Gemüse und Blumen für den Papsthaushalt. Zuletzt waren die Salesianerinnen an der Reihe, die Schwestern mussten das Kloster Ende 2012 jedoch für Umbauarbeiten räumen. Der frisch gebackene emeritierte Papst lässt das Kloster derzeit für seinen Ruhestand adaptieren. Er plant, so heißt es, weiterhin den Klostergarten zu bebauen, mit Zucchini, Kürbissen und Melanzani – alles bio.