Cap d’Antibes: Privatissimum

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Sie wird die Halbinsel der Milliardäre genannt und ist seit jeher ein Hideaway der Weltstars. In Cap d’Antibes lässt es sich auf mancher Terrasse wie im Kino sitzen.

Wie das Sonnendeck eines Cruise Liners thronen die Terrasse des Hôtel du Cap Eden Roc und der Meerwasserpool über dem Mittelmeer. Tische aus edlem Teak und mit Leinen bezogene Sessel ruhen auf Schiffsplanken, die Kellner, die Champagner entkorken und Meeresfrüchte servieren, haben das Outfit von Matrosen. Die Gäste tragen teure Stoffe und riesige Sonnenbrillen.
Auf dem Wasser nähert sich ein Ausflugsboot dem Badebereich des Hotels und verharrt eine Weile jenseits der Bojen. Die Prominentendichte ist auf dieser Terrasse selbst für die Côte d’Azur sehr hoch. Und obwohl es zu den zahlreichen Vorzügen des Eden Roc gehört, Zugang zur, nicht aber von der Küste aus zu gewähren, lässt man die Zaungäste in Ruhe herüberstarren. Wer sich wirklich verstecken wollte, hätte Möglichkeiten genug. Hier aber genießt man seine Position auf der Sonnenseite des Lebens.

30 Euro für ein Sandwich. „Zu den Dingen, die man im Leben nicht versäumen darf, gehört ein Drink auf der Terrasse des Eden Roc“, soll Tom Cruise einmal gesagt haben. Schon möglich, dass der Sager von ihm stammt, denn wie viele seiner Kollegen aus Hollywood, die das Haus an der Spitze der Halbinsel Cap d’Antibes vor allem während der Filmfestspiele in Cannes buchen, hat er schon hier logiert. Die Preise – das Standarddoppelzimmer kostet im Sommer stolze 900 Euro, und schon ein schlichtes Club-Sandwich auf der Terrasse schlägt mit 30 Euro zu Buche – haben dem Gutverdiener die Aussicht aufs tiefblaue Meer gewiss nicht vermiest. Das Hôtel du Cap Eden Roc, von Eingeweihten auch nur zärtlich Hôtel du Cap genannt, ist seit 1887 Synonym für Eleganz, Glamour und verschwenderischen Luxus. Die Liste der prominenten Gäste ist lang – Pablo Picasso war hier, Marlene Dietrich, Cary Grant, Kirk Douglas, die Schriftsteller Stefan Zweig und Ernest Hemingway, eh klar, der Clan der Kennedys, John Lennon und Yoko Ono, in jüngerer Zeit Robert de Niro, Bill Cosby, Bruce Willis und eben Tom Cruise – um nur einige zu nennen.

Grandeur. Mit 118 Zimmern ist das Hotel nicht übetrieben groß, aber alles atmet Grandezza. Eine von Pinien gesäumte Allee führt durch den neun Hektar großen Garten des 1869 für Auguste de Villemessant, Gründer der Tageszeitung „Le Figaro“, erbauten Haupthauses zur Küste mit dem Eden Roc Pavillon und den Cabanes hinab – 33 schlichten Holzhütten, die der Gast einzeln für 500 Euro am Tag als blickdichten Sonnenplatz am Meer dazubuchen kann. Diese Straße will die zweitschönste Frankreichs – nach den Champs Elysées – sein. Exklusiver ist sie dabei wahrscheinlich wirklich.

Understatement ist nicht der Stil des Hauses – und schon gar nicht der seiner Gäste. 30 Prozent sind Amerikaner, 70 Prozent sind Wiederholungstäter, logieren  also nicht zum ersten Mal hier. Sie kommen, um neben der allgegenwärigen, großartigen Aussicht aufs Meer, der entspannten Atmosphäre und dem ausgezeichneten Service, wie es sie auch anderswo geben mag, bestätigt zu finden, dass Geld die Zeit eben doch anzuhalten vermag. Denn ein bisschen scheint es so, als wäre im Hôtel du Cap immer 1920. Oder 1955. Erst seit einem Managerwechsel im Jahr 2005 werden Kreditkarten als Zahlungsmittel akzeptiert, hat jedes Zimmer Fernseher und Internetzugang, sind Eiswürfel und Matratzen am Pool nicht mehr gebührenpflichtig. Mehr Zugeständnisse ans dritte Jahrtausend will man den Gästen aber nicht zumuten. Und so erinnern in manchen Zimmern noch immer Kamine daran, dass die Riviera einst als Winterziel erfunden wurde.

Die Diskretion in Person. „Die Welt ändert sich, das Hôtel du Cap nicht“, weiß Michel Babin de Lignac, der im väterlichen Schloss in der Normandie aufwuchs und seit 40 Jahren als Concièrge im Eden Roc tätig ist. In diesen vier Jahrzehnten hat er Einblicke in die Welt der Prominenz aus Film und Gesellschaft genommen, die spannende Bücher füllen würden – wäre er nicht die Diskretion in Person und würde frühestens eine Dekade nach dem Tod eines Gastes Details preisgeben. Viele Gäste kennt er seit Jahrzehnten, manche sind Freunde geworden. Ihre Schrullen betrachtet er mit nonchalenter Nachsicht, manchmal auch mit Kopfschütteln. „Ein Gast brachte immer seinen kleinen weißen Terrier mit“, erinnert er sich. Während des Essens ruhte das Tier in einem Korb von Hermès. Als es Geburtstag hatte, bestellte sein Herrchen eine Schüssel Kaviar. Für den Hund. „Ein Bissen, und alles war weg“, erinnert sich Babin de Lignac. „Ich dachte nur: In diesem Mäulchen ist gerade ein Monatsgehalt verschwunden.“

Überhaupt, die Hunde. Tennessee Williams betrat das Haus mit zwei kleinen Exemplaren im Arm, die ihm um die Wette auf den Smoking sabberten: „Unmöglich“, kommentiert der Concièrge knapp. Immer mehr Geschichten fallen ihm ein. „Johnny Weissmüller kam in die Bar, trank zu viel und stieß einen Tarzanschrei aus“, erzählt er, und fügt, noch immer indigniert über diese Verletzung der Atmosphäre hinzu: „Im-po-ssi-ble.“ Doch die schönen Erinnerungen überwiegen: Wie Roger Moore jeden Sommer mit seiner Frau und drei Kindern im Rolls-Royce vorfuhr; wie Lauren Bacall ihm eine reizende Widmung ins Gästebuch schrieb; wie Cary Grant das Hotel besuchte, „sehr elegant und distinguiert“, ein Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle. Das Hotel, das seit 1969 der Familie Oetker gehört, ist allem Glanz zum Trotz nicht der einzige Prominentenmagnet auf der Halbinsel. Da an der Côte d’Azur immer schon die Prominenten zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten gehörten, gibt es Urlauber, denen kein noch so diskretes Hotel genug Privatsphäre bieten kann. Auch sie müssen nicht verzweifeln. Denn auf dem Cap der Milliardäre, wo Oligarchen und Großindustrielle Villen besitzen, gibt es auch Ferienhäuser. Etwa die Domaine La Dilecta, das 1920 erbaute Anwesen einer italienischen Verlegerfamilie mit drei Hektar Grundstück, fünf Schlafzimmern im Haupthaus, einem Nebengebäude fürs mitreisende Personal und einer Disco. Madonna machte hier ebenso Familienurlaub wie Mitglieder des saudischen Königshauses. Angesichts eines Preises von 10.000 Euro pro Tag – wer im August kommen möchte, muss für den ganzen Monat buchen und dafür 250.000 Euro überweisen – war Sting gut beraten, sich hier nicht einzumieten, sondern lediglich für russische Gäste ein Privatkonzert zu geben.

Geist und Geld. Immer schon lockte die Küste, deren Reiz sich nie verschleißt, Menschen mit Geist und Geld. 1925 und 1926 mieteten der US-Schriftsteller F. Scott Fitzgerald und seine Frau Zelda die Villa Saint Louis, die die Familie Estène-Chauvin 1929 kaufte und seither als glamouröses Hotel Belles Rives führt. Es liegt an dem Abschnitt der gewundenen Küstenstraße, wo das stille Cap ins lebhafte Juan-les-Pins übergeht. Fitzgerald schrieb hier seinen Riviera-Roman „Zärtlich ist die Nacht“. Die Arbeit erforderte Abwechslung; manchmal kam Hemingway auf starke Getränke und leichte Speisen zu Besuch, dann wieder gingen Scott und Zelda Arm in Arm auf einen Drink oder zum Dinner ins Hôtel du Cap. Im Treppenhaus des Belles Rives hängen Fotos, die Fitzgerald mit guten Freunden, etwa dem Kunstsammler Gerald Murphy und seiner Frau Sara, zeigen. Die Murphys waren es, die 1923 die Leitung des Hôtel du Cap überzeugten, auch im Sommer zu öffnen.

Träumen mit Meerblick. Bald entdeckte auch der Rest der Welt die Freuden sommerlichen Badelebens. „Ich weiß noch, wie ich als Kind Miles Davis mit seiner schönen Freundin am Strand sah, beide in so knappen Badesachen, dass sie von allen angestarrt wurden“, erinnert sich Marianne Estène Chauvin, die das Belles Rives in mittlerweile vierter Generation leitet. In den Sechzigerjahren nahmen außer dem Jazzgenie auch die Kolleginnen Ella Fitzgerald, Josephine Baker und Edith Piaf sowie Jeanne Moreau, Omar Sharif und rastlose Aristokraten wie der als Edward VIII. abgedankte Herzog von Windsor mit seiner stets ins Rampenlicht strebenden Frau Wallis im Hotel Quartier. Seine vier Etagen erheben sich so nahe am Wasser, dass man von den oberen der 43 im Art-déco-Stil eingerichteten Zimmer nur das Meer und nicht die schönen Ufer sieht.

Doch zum Sehen und Gesehenwerden ist dennoch genug Platz auf der schmalsten Terrasse. Bis heute hat das Haus ein sehenswertes Publikum: die Supermodels Cindy Crawford und Helena Christensen, die Schauspieler George Clooney, Kevin Spacey und Jude Law, Musiker und Sänger von Ringo Starr über Mick Jagger bis zu Diana Krall – sie alle träumten hier aufs Meer hinaus und ließen sich dabei zuschauen.

Tipp

Klassiker. In „Zärtlich ist die Nacht“ („Tender is the Night“) geht F. Scott Fitzgerald mit der amerikanischen Finanzaristokratie in Südfrankreich ins Gericht.

Cool. Sonnengläser, an denen auch Cary Grant Gefallen fände. Hier ein Modell Paloma Light Havana von Super, beistore.retrosuperfuture.com

Schmelzend. Hôtel du Cap Pralinen - vor Ort essen oder mitbringen.
Sundowner. Ernest Hemingways Wunsch-Daiquiri hat inzwischen einen eigenen Namen: Papa Doble.

Schlafen:Hôtel du Cap Eden Roc (Boulevard J.F. Kennedy, 06601 Antibes, Tel.: +33/4/936 139 01, hotel-du-cap-eden-roc.com). Im Sommer ab 900 €, im Winter 800 €.
Hôtel Belles Rives: DZ ab 420 Euro (33 Bd. Edouard Baudoin, Juan-les-Pins, Tel.: +33 /4/936 102 79, bellesrives.com). Südlich der Altstadt von Antibes liegt das Hotel Royal mit dem schicken Café Royal, einer Topadresse für Fisch und italienische Spezialitäten. DZ ab 170 €; hotelroyal-antibes.com.

Die Reise der Autorin wurde ermöglicht vom CRT Riviera Côte d‘Azur.

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