Baku: Urbanes Aserbaidschan

(c) Erich Kocina
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Aserbaidschans Boomtown zeigt auch Herz: In der Altstadt überlebt der Orient auch die Globalisierung.

Baku, Strandpromenade. Cafés laden zu einem Kebab oder einem Chirdalan-Bier. Alte Frauen verkaufen Nüsse. Auf bunt gestrichenen Bänken fordern kitschige Stofftiere, darunter auch Mickey Mouse, die Spaziergänger zu einem Foto auf. Zwei Alleen hoher, alter Bäume beschatten die mehr als 1,5 Kilometer lange Promenade, die als Mole die Altstadt vom Meer trennt.

Kinder und Twens drehen eine Runde im Riesenrad, das an die jüngere Vergangenheit des Landes erinnert. Hinweise auf die Sowjetära Aserbaidschans sind die russischen Schriftzeichen, die immer noch das Straßenbild prägen. Auch der Krieg mit Armenien um Berg Karabach ist immer noch präsent. So erzählen die Fremdenführer ausdauernd und emotional vom Krieg gegen den Nachbarn.

In der Altstadt „Icheri Sheher“ hingegen herrscht Friede. Das von der Unesco als Weltkulturerbe ausgezeichnete Zentrum bildet, von einer Mauer umrahmt, zwischen Küste und Berghang, das Herzstück Bakus. Kleine Gässchen schlängeln sich bergauf und bergab zwischen Gründerzeithäusern, aus denen Holzbalkons ragen. Von hektischer Geschäftigkeit ist hier nichts zu bemerken, nur ein paar streunende Katzen schauen neugierig den Objektiven der Fotoapparate entgegen.

Selbst in der Palastanlage von Schirvanschah, die Mausoleen, und Moscheen mit prachtvollen Verzierungen beherbergt, kehrt eine Frau gemächlich und gebückt den Boden, während eine Touristengruppe an ihr vorbeiwandert. Mehr Betrieb erwartet den Besucher beim Wahrzeichen der Stadt, dem Jungfrauenturm, einem Teil der alten Festungsanlage aus dem 11. Jahrhundert. Am Vorplatz preisen Verkäufer Tongefäße, alte Samoware und Teppiche an, Ölbilder vom Turm und alte Ansichten der Stadt. Allerdings: Der extrovertierte Verkaufsstil orientalischer Basars fehlt hier völlig, postsowjetische Gemütlichkeit schlägt orientalische Betriebsamkeit.

Das Plateau des Jungfrauenturms ermöglicht Panoramaansichten einer schnell wachsenden Stadt, die ihre Skyline ständig verändert – auf Dachterrassen nobler Restaurants, auf endlose Autokolonnen, die sich entlang des Neftcilar Prospekt durch die Stadt wälzen. Und auch auf die Grundlage des Reichtums, der Aserbaidschan zur reichsten Kaukasusrepublik machte – die Ölbohrtürme, die sich im Kaspischen Meer bis weit hinaus, bis zum Horizont abzeichnen. Der Ölreichtum hat die wirtschaftliche Entwicklung des Landes in den vergangenen Jahren stark forciert. Baku ist ein Reiseziel vor allem für Business People geworden. Kein Wunder also, wenn in der Fußgängerzone Geschäfte internationaler Nobelmarken wie Swarovski zu finden sind.

Doch noch sind die Filialen internationaler Marken, die Bürotürme internationaler Konzerne in der Minderzahl, noch ist Baku von der Globalisierung nicht überrollt – ein Fall von Geheimtipp also.

BEAM TO BAKU. Infos

Anreise: Austrian fliegt fünfmal pro Woche von Wien nach Baku, Flugzeit 4 Stunden, www.aua.at

Einreise: Visum erforderlich. Aserbaidschanische Botschaft, 1130 Wien, Auhofstr. 76-78, 01/403 13 22–0 (Frau Gurbanova). Kosten: 60 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2008)

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