Ungenierte Spielplätze und Shabby Chic für Hipsters

Aman Canal Grande
Aman Canal Grande(c) amanresorts.com
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Das Reisemagazin „Condé Nast Traveller“ präsentiert in seiner Hot List 2014 die besten neuen Hotels. Wir stellen die attraktivsten vor.

Alljährlich kürt das US-amerikanische Magazin „Condé Nast Traveller“, das wohl diskussionslos als größte Autorität in Sachen Reise und Lifestyle angesehen werden darf, die besten neuen und neu adaptierten Hotels der Welt. In der Hot List finden sich Häuser mit besonderen Highlights für gehobene Ansprüche – was sich aber nicht zwangsläufig im Preis widerspiegeln muss. So wurden auch Unterkünfte prämiert, die ein komfortables Obdach ab 65 Euro pro Person und Nacht gewähren – neben Palazzi, in denen das müde Haupt erst ab knapp 600 Euro gebettet werden kann. Zu den Kriterien für die Aufnahme in die Liste gehören Faktoren wie der persönliche Touch der Häuser, das Gefühl, „dass die Details der Dekoration von einer Person und nicht einem Ausschuss ausgesucht worden sind“, formuliert das Magazin, sowie eine gewisse Intuition des Personals für die Wünsche und Bedürfnisse des modernen Reisenden. Insgesamt 510 Hotels in 400 Städten und 93 Ländern haben die „Condé Nast“-Tester heuer unter die Lupe genommen. Auf die Liste jener, die dem Reisenden das gewisse Etwas mehr zu bieten haben, schafften es 33 Häuser. „Die Presse“ hat daraus noch einmal die schönsten in ausgesuchten Kategorien herausgefiltert.

•Überdrüber

In der Kategorie „Best New Over-the-Top-Hotel“ finden sich auf der Hot List 2014 die Überdrüber-Häuser, die alles in den Schatten stellen; die noch prachtvoller, noch extravaganter und gern auch etwas exzessiver sein dürfen.

Hier rangiert das Aman Canal Grande in Venedig ganz vorn in der Gunst der Tester. Die in Singapur beheimateten Aman Resorts haben für dieses Haus den Palazzo Papadopoli aus dem 16. Jahrhundert in ein Luxushotel der Neuzeit verwandelt. In den 24 Zimmern wurden weder Kosten noch Mühen noch zeitgenössische Designerstücke gescheut, finden sich B&B Italia Kanapees vor lederbespannten Wänden unter gewaltigen Lustern sowie Zen-Bezüge neben originalen Fresken – und das alles in einer Perfektion, die die Tester fast schon wieder frösteln ließ. Diniert wird hier wahlweise im japanischen, italienischen oder Thai-Restaurant, entspannt in einem der beiden innen liegenden Gärten oder dem Spa-Bereich. Zu haben ist der venezianisch-asiatische Luxus ab knapp 1200 Euro für das Doppelzimmer. amanresorts.com

Ebenfalls in die Liga der Überdrüber-Häuser hat es das Schweizer The Chedi in Andermatt geschafft. Mit dem Hotel eröffnet die für ihre Opulenz bekannte, auch in Singapur beheimatete GHM-Gruppe ihr erstes Haus in Europa. Das Luxus-Ski-Resort bietet seinen Gästen feine Nettigkeiten wie den Ski-Butler, der für das passende Gerät sorgt, und ein hochgradig entspannendes Wellnesscenter, das den müden Skifahrer nach allen Regeln der Kunst verwöhnt. Gewohnt wird in edlem Holz, modernem Design samt offenen Kaminen und dicken Kaschmirdecken, diniert wird ein von den Testern hochgelobtes Sushi und Sashimi im japanischen Restaurant. Was zwar nicht zu typisch schweizerisch ist, den kulinarischen Freuden aber keinen Abbruch tut. Die Preise der 104 Zimmer beginnen bei 530 Euro für das Doppelzimmer. thechedi-andermatt.com/de

•Durchdesignt

In der Kategorie „Best New Design“ findet sich ein skandinavisches Haus in der Hot List 2014, das Hotel d'Angleterre in Kopenhagen. Das 1755 erstmals eröffnete Haus gehört zur dänischen Hauptstadt wie das Imperial zu Wien, und wer sich ob der Kategorie hier nordische Kühle und puristisches skandinavisches Design erwartet, liegt ganz falsch. Vielmehr ist das 90-Zimmer-Haus sehr vorsichtig renoviert worden, findet sich die lange Geschichte des Hotels in jedem Winkel – elegant abgestimmt mit pistazienfarbenen Seidenvorhängen, dezent gestreiften Tapeten, warmen Farben und einem Hauch von Lila. Zusätzliche Freude wird Designfans die Lage machen, sind doch die besten Shoppingmöglichkeiten gleich hinter dem am berühmten Nyhavn-Kanal gelegenen Haus zu finden. Zum Essen und zum „Sehen und Gesehenwerden“ begibt man sich hier in das hauseigene Restaurant Marchal, zum Aperitif oder eleganten Absacker in die benachbarte Champagnerbar Balthazar. Doppelzimmer ab 365 Euro. dangleterre.com

Nicht ganz so altehrwürdig, dafür umso cooler ist das ebenfalls in der Kategorie „New Design“ gelistete Ace Hotel Downtown LA im kalifornischen Los Angeles. Im Jahr 1927 als Bürogebäude für United Artist erbaut, verweist die immer noch an der Fassade prangende Leuchtreklame auf die guten alten Zeiten. Im Inneren werden aber die allerneuesten Trends verfolgt. Einen „ungenierten Spielplatz für Hipsters“ nennt „Condé Nast“-Autor John Wogan das Hotel, in dem mit Vinylscheiben verkleidete Wände auf die dazugehörenden Plattenspieler und üppiger Hollywood-Charme auf coole Sichtbetonwände treffen. Ab 160 Euro für das Doppelzimmer gibt es hier lässigen Shabby Chic und eine ausgedehnte Rooftopbar samt Planschbecken. acehotel.com/losangeles

•Einfach köstlich

Die Häuser, in denen das Essen allein schon eine Übernachtung wert ist, fallen in der Hot List in die Kategorie „Best New Food“. Und da schaffen es ausgerechnet die Briten, die ja sonst eher nicht für ihre kulinarische Raffinesse bekannt sind, ganz weit nach oben. Auf den klingenden Namen The Wild Rabbit – Der wilde Hase – hört das Etablissement in Cotswolds, zwei Autostunden nördlich von London, in dem Lady Bamford sorgfältig verarbeitete Produkte ihres preisgekrönten Biobauernhofes auftischt. Legenden ranken sich um den traditionellen Braten am Samstag zu Mittag, aber auch das Rebhuhn in der Salzkruste soll einiges können. Serviert wird das alles in einem Interieur von alten Ziegelwänden, rohen Holztischen und liebevoller Tischdekoration, die Zimmer für den Verdauungsschlaf gibt es ab 125 Euro. thewildrabbit.co.uk

Dass ein französisches Haus in dieser Kategorie ganz weit oben steht, verwundert deutlich weniger. Die Grande Nation wird heuer durch das Domaine de la Baume im provenzalischen Tourtour vertreten. Hier wartet bereits bei der Ankunft am Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert eine Karaffe eisgekühlten Tees nebst frisch gebackenem Kuchen auf der Terrasse unter schattigen Kastanien, zum Abendessen werden in der Küche die Kräuter und Oliven vom eigenen Landgut genau wie der selbst gemachte Honig zu provenzalischen Spezialitäten verarbeitet. Vom Dinkelrisotto mit Trüffelemulsion bis zu gerösteten Feigen mit Rosmarineis. Übernachtet wird im Landhausluxus mit ausgesuchten Antiquitäten, die Doppelzimmer gibt es ab 440 Euro pro Nacht. de.domaine-delabaume.com

•Ganz weit draußen

Wenn der Weg zum Hotel schon das Ziel ist, das Ankommen aber trotzdem noch einmal ein zusätzliches Highlight bietet, dann findet ein Haus den Weg in die Kategorie „Way out there Hotels“. Das heuer ausgezeichnete Fogo Island Inn würde sich schon allein durch seine Lage für diese Kategorie qualifizieren. Auf der gleichnamigen Insel vor Neufundland gelegen, darf das Haus die Bezeichnung „ruhige Lage“ ohne Übertreibung für sich in Anspruch nehmen. Wer hier per Flugzeug, Fähre und Auto anreist, will die Ruhe und die Eisberge genießen und Schutz vor der Kälte und dem Wind finden. Das Island Inn sorgt für beides: Das moderne Stelzenhaus der auf Fogo geborenen Zita Cobb, die ihr Geld in der IT-Branche gemacht hat, sorgt in allen 29 Zimmern mit deckenhoher Rundumverglasung und dem bereitliegenden Fernglas für beeindruckende Aussichten. Die ausnahmslos von Locals gefertigten Möbel und Quilts garantieren Wärme und Komfort. Das Konzept, jedem Gast einen einheimischen Host an die Seite zu stellen, erlaubt interessante Einsichten in die Inselgemeinschaft. Das Doppelzimmer gibt es ab 430 Euro pro Nacht. fogoislandinn.ca/

Rund um das Segera Retreat im kenianischen Laikipia geht es lebhafter zu, Sorgen vor zu vielen anderen Reisenden müssen sich die Gäste der acht exklusiven Villen aber trotzdem nicht machen. Denn bei den anderen Bewohnern der Anlage handelt es sich überwiegend um Rindviecher, was keine Beleidigung ist. Volker Seitz hat seine Lodge inmitten einer Rinderfarm eröffnet und engagiert sich neben den exklusiven Angeboten für seine Gäste auch auf für eine Einbindung der Einheimischen und den Schutz des Landes.

Umgeben von sage und schreibe 20.000 Hektar Naturschutzgebiet finden die Gäste in ihren weitläufigen Gebäuden jeden erdenklichen Komfort und auf ihren Terrassen gern genutzte Outdoor-Badewannen, von denen aus sich vorbeiziehende Gazellen, Zebras und die spektakulären Sonnenuntergänge über der Savanne genießen lassen. Ab 700 Euro pro Person. segera.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2014)

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