Wissenschaftlich zertifizierter Jungbrunnen

Grand Park Hotel
Grand Park Hotel(c) http://www.grandparkhotel.at/
  • Drucken

Kuren. Das Flair der Monarchie in Bad Hofgastein. Das Thermalwasser im Grand Hotel. Die Luft im tiefen Heilstollen.

Bad Hofgastein. Nein, dem Kurhotel in Bad Hofgastein sieht man das evangelische Spital nicht an, als das es 1912 eröffnet worden war. Hinter der Fin-de-Siècle-Fassade des heutigen Grand Park Hotels verbirgt sich zeitgenössischer Komfort – so ist der etwa 2000 Quadratmeter große Grand-Spa- und Health-Spa-Bereich auffallend unauffällig in das Fünf-Sterne-Haus integriert und präsentiert sich ohne das übliche esoterische Brimborium, pseudohellenistische Statuen und Dauerbeschallung.

Dafür eröffnen sich strahlende Aussichten auf einen Tauchgang im radioaktiven Gasteiner Thermalwasserbad. Dieses radonhaltige Wässerchen aus der Elisabethquelle in Bad Gastein fungiert im wahrsten Sinn des Wortes als wissenschaftlich zertifizierter Jungbrunnen. Es soll gut gegen Rheuma und Alterswehwehchen sein, aber schlecht für hitzige Gemüter, denn das heilsame Wasser kommt mit mehr als 46 Grad daher, wobei das Radon der Quelle für eine Anregung des Stoffwechsels sorgt und gleichzeitig den Körper überwärmt. Schweißtreibend, aber gesundheitsfördernd. Zur Abkühlung kann sich der radioaktivierte Gast im Eisiglo herunterkühlen, vor sich hin strahlen oder auf den geheizten Wasserbetten entspannen und darüber sinnieren, ob Kaiser Franz Joseph wohl in den Whirlpool gestiegen wäre.

Kein Krawattenzwang

Und falls ja, wie sein Bart danach ausgesehen hätte. Denn dass der Monarch hier gerne als Kurgast verweilt hätte, hätte er ein wenig später gelebt, daran besteht kein Zweifel. Das Jugendstil-Ambiente gäbe den perfekten Rahmen für eine imperiale Filmepisode ab. Dass die historische Luxus-Residenz in Bad Hofgastein nicht selbst an Altersschwäche kränkelt, ist ihrer frischen Führung zu verdanken. Hoteldirektorin Claudia Wachter legt Wert darauf, dass es überall menschelt. „Wir sind hier weder abgehoben noch versnobt“, sagt sie.

Im roten Salon, an der Girardi-Bar oder im gediegenen Speisesaal geht es sogar ausgesprochen leger zu. Kein Krawattenzwang erschwert das Sieben-Gang-Galadiner, das von den Schülern der ansässigen Tourismusschule aufgetragen wird. Und was den jungen dienstbaren Geistern an letzter Brillanz noch fehlt, wird mit Charme und Humor kompensiert. Franz Huick, langjähriger Küchenchef des Hotels, liefert Jakobsmuschelspieße mit Wasabicreme oder überbackenes Kalbsrückenfilet mit Mandel-Walnuss-Knödel-Terrine. Sogar das kurgastfreundliche Gesundheitsmenü schmeckt so delikat, dass selbst Kostverächter bestimmt wieder auf die Beine kommen.

Kurschauplatzwechsel: Gesundheitszentrum für Radontherapie. Stoisch warten die Patienten in ihren blassblauen Bademänteln auf den therapeutischen Bahnhofsvorsteher. Niemand spricht. Endlich erscheint der diensthabende Arzt und weist der Klientel Sitzplätze in den winzigen Waggons zu. Sogar ein Liegewagen steht für die sechs Stationen des Gasteiner Heilstollens bereit. „Erster Halt, Bademantelstation.“ Mit eingezogenem Kopf und tapsenden Schritten ergießen sich Hunderte Fahrgäste ins Freie, um sich der steigenden Temperaturen wegen aus ihren Bademänteln zu schälen – das Platzangebot im Zug wäre zu gering für derart akrobatische Leistungen.

„Ab jetzt bitte das Reden einstellen.“ Der Zug rattert 2500 Meter tief ins Erdinnere. Die heilkräftigen Klimaverhältnisse mit Temperaturen zwischen 37 bis 41,5 Grad, einer Luftfeuchtigkeit von bis zu 100 Prozent und einem heilsamen Radongehalt von 44 kBq pro Kubikmeter versprechen monatelange Schmerzlinderung bei Erkrankungen des Bewegungsapparats und der Atemwege.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.