Verblichene Schönheit in neuem Licht

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Downtown Las Vegas. Der Stadtteil jenseits der berühmten Glitzermeile hat nicht unbedingt seine besten Jahre erlebt, seit der Glanz der 1950er-Jahre vergangen ist. Jetzt erwacht das alte Las Vegas wieder mit neuen Projekten und Restaurants – und bietet Strip-Flüchtlingen eine Alternative.

Las Vegas liebt man oder hasst man, sagen sie. Nun ja, um ehrlich zu sein, gehören wir eher zur zweiten Gruppe. Aber daran trifft Las Vegas nur bedingt Schuld: Denn Reisenden, die weder auf Glücksspiel noch auf üppige Buffets stehen, Venedigs Kanäle lieber an der Adria als im „Venetian“ durchqueren und sich für David Copperfield genauso wenig begeistern können wie für Celine Dion, macht das Zockerparadies in Nevada auch keine falschen Versprechungen. Aber als Ausgangspunkt für einige der schönsten Wüstenziele im Westen der USA ist die Stadt einfach konkurrenzlos – also landen hier auch immer wieder Menschen, die der Glitzerwelt zwischen dem Stratosphere Tower am einen und dem Mandala-Bay-Hotel am anderen Ende des berühmten Strips nur wenig abgewinnen können. Und Begegnungen mit einer größeren Menge enthusiasmierter Touristen, die die Wirkung von Wüstenklima und Freibier untertags deutlich unterschätzt haben, so weit wie möglich vermeiden möchten.

Wachgeküsstes Problemviertel


Bis zum Vorjahr hieß das Motto dann „Augen zu und durch“. Wer am nächsten Morgen früh Richtung Grand Canyon oder Zion Nationalpark aufbrechen wollte, sollte ohnehin beizeiten schlafen gehen. Seit Dezember 2013 gibt es aber einen Zufluchtsort für diese Menschen: Das alte Downtown Las Vegas erwacht aus seinem Dornröschenschlaf, der in den vergangenen Jahrzehnten auch mit einigen Albträumen einherging. Der Bereich um die Fremont Street war zwar immer auch ein Touristenmagnet, der etwas weniger fake-glamourös war als der Strip. Wer sich aber einen Block zu weit von der Passage mit all ihren Streetdancern und Straßenhändlern entfernte, tat das auf eigene Gefahr – und musste dabei durchaus auch seine Komfortzone verlassen.
Ein Ort der Schönen und Reichen, an dem man mit all seinen weltlichen Besitztümern prahlen sollte, ist Downtown Las Vegas auch heute nicht. Aber hier finden diejenigen, die den Glitzer des Strips nicht mögen, inzwischen einen wunderbaren Gegenpol. Im 2013 neu erschaffenen Containerpark warten kleine, coole Shops, Restaurants und Bars auf die Besucher, gleich um die Ecke hat mit dem „Eat“ ein Lokal aufgemacht, das auch in Berlin als hip gelten würde. Es lockt mit seinem unprätentiösen Shabby Chic in Kombination mit den besten Pancakes der Vereinigten Staaten ein bunt gemischtes Publikum glücklicher Strip-Flüchtlinge an.
Wachgeküsst wurde Downtown East in den vergangenen Jahren von Tony Hsieh, CEO des Internetschuhändlers Zappos und erfolgreicher Internetpionier, der seit 2011 insgesamt 350 Millionen US-Dollar (rund 265 Millionen Euro) für die Revitalisierung des einst heruntergekommenen Viertels aufgetrieben hat: für Immobilienprojekte, Kleinunternehmen und zur Förderung von Tech-Start-ups, deren Ansiedelung Hsieh hier genauso fördern will wie einen neuen Spirit in diesem Teil der Wüstenstadt. Investiert hat Hsieh mit seinem „Downtown Project“ auch mächtig in Sicherheitsmaßnahmen, ohne die ein Neuanfang hier nur schwer möglich gewesen wäre. „Wir haben hier die Downtown Ranger“, berichtet Rhonda Fairchild, Managerin des „Eat“, „die nicht nur besser bezahlt werden als andere Sicherheitskräfte, sondern auch uns alle hier kennen und Teil der Community sind.“

Ein Fort aus Containern


Die Community ist allen hier wichtig, das spürt man an jener Ecke von Fremont und 7th Street, an der der Containerpark seinen Haupteingang hat, und eine riesige, Feuer speiende Gottesanbeterin aus Stahl über das neue Zusammenleben wacht. Die Skulptur aus Schrott und Stahl wurde einst für das berühmte Hippie-Festival Burning Man in der Wüste Nevadas gebaut und verleitet nun tagsüber Touristen zu abenteuerlichen Selfie-Posen – ehe sie nach Einbruch der Dunkelheit mit Feuer speienden Performances beeindruckt. Wer den Containerpark betritt, wird amerikanisch-freundlich begrüßt und steht plötzlich in dieser angenehm anderen Welt. Dreistöckig sind hier Überseecontainer im Karree aufeinandergestapelt und erinnern an ein Fort aus der Wildwestzeit. In der Mitte findet sich ein großer Spielplatz, rund um ihn herum gibt es jede Menge angenehme Gelegenheiten, um zu konsumieren. Ob beim Kaffeekiosk – der auch für Österreicher genießbaren Kaffee produziert, ohne einer Megakette anzugehören – oder beim Nachbarn „Pinches Tacos“, der „echtes mexikanisches Essen von echten Mexikanern“ anpreist. Und mit seinen unglaublich guten Blutorangen-Margaritas den einen oder anderen Besucher schon am Eingang für den ganzen Abend einfängt. Wer es trotzdem weiter schafft, findet Kunsthandwerk, Schuhgeschäfte und Schokoladenkompositionen, eine Weinbar und eine große Bühne, auf der immer wieder Livegigs stattfinden.
Im zweiten Stock hat auch Michaela Hald seit ein paar Monaten ihr Geschäft „Indian Soul Art“. Die ausgewanderte Deutsche bietet hier Kunst von Native Americans neben selbst gemachten Gewürzkreationen und Badeutensilien an und ist glücklich, einen der kleinen Läden in den Containern ergattert zu haben, denn diese werden nur an ausgesuchte kleine Geschäfte vermietet. „Es kommen wirklich viele Kunden“, freut sie sich, „sogar tagsüber in den wirklich heißen Sommermonaten.“ Und am Abend erst recht, wenn es langsam abkühlt und die Terrassen vor jedem Container zum Draußensitzen einladen.

Wunderbares Nebeneinander


Die Fremont Street ist nur einen Steinwurf entfernt, und was das neue Downtown so reizvoll macht, ist die Kombination aus dem alten 1950er-Jahre-Las-Vegas-Chic mit seinen heute zwar leicht heruntergekommenen Casinos, aber immer noch wunderschönen Leuchtreklamen und dem neuen, coolen Industrialstil samt Bioessen und Nachhaltigkeitsphilosophie. Hier preisen in der unmittelbaren Nachbarschaft noch immer Plakate in den Schaufenstern „10 $ Tattoos“, bieten Leuchtreklamen über den Motels „Familienzimmer mit Farbfernseher“ an; und gleich vis-à-vis hilft das „Waikiki Gold & Silver“-Pfandhaus, falls man sich finanziell etwas übernommen hat.
Diese Mischung macht das neue alte Las Vegas so besonders – und bewegt so manch einstigen Las-Vegas-Ertragenden dazu, seine Einstellung zumindest zu Teilen der Stadt zu überdenken. Denn wie gesagt: Las Vegas liebt man oder hasst man – und mit dem „Downtown Project“ kann man sich tatsächlich ganz neu in die alte Lady verlieben.

shops, shows, Hotels und Lokale in Las Vegas

Wohnen: Grundsätzlich gilt für alle Unterkünfte in Las Vegas, dass sie unter der Woche deutlich günstiger sind als am Wochenende. Die wirklichen Luxushotels finden sich natürlich am Strip. Der Klassiker in Downtown ist das 4**** Golden Nugget Hotel, das im mittleren Preissegment liegt und Zimmer ab 50 Euro pro Nacht anbietet. Infos unter www.goldennugget.com/lasvegas/. Essen: „Good food for good people“ lautet das Motto des „Eat“ an der Ecke Carson Avenue und 7th Street. Beides spürt man, wenn man in das unaufgeregt-coole Restaurant von Natalie Young zum Frühstück oder Lunch einkehrt. www.eatdtlv.com. Davon abgesehen ist Las Vegas natürlich für seine Buffets berühmt, einen guten Überblick gibt es unter www.vegas-online.de/buffets. Containerpark: Informationen zum Herzstück des neuen Downtown Las Vegas finden sich unter downtowncontainerpark.com, hier gibt es auch eine Liste aller Shops und Restaurants sowie der Live-Veranstaltungen. Mehr Infos über das gesamte „Downtown Projekt“ von Tony Hsieh gibt es unter downtownproject.com. Sparen: Für alles in Las Vegas gibt es Vergünstigungen, für die auf diversen Seiten Coupons zum Ausdrucken angeboten werden. Zu den bekanntesten gehören www.vegas4locals.com, www.travelvegas.com und www.smartervegas.com. Wer beim Besuch einer Show flexibel ist, findet unter www.tix4tonight.com kurzfristig Karten deutlich vergünstigt – und natürlich jede Menge Coupons. (SMA)

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