Die in Südtirol verbreiteten Ansitze prägen das Ortsbild vieler Dörfer. In manchen kann man wohnen, in manchen speisen, manche nur von außen bewundern.
Naturgemäß sind es eher die oberen als die unteren Zehntausend, denen es ein Anliegen ist, ihren Status auch in entsprechenden Behausungen zu dokumentieren: Almhütten sind eben weniger chic als Schlösser. Ein Spezifikum unter den herrschaftlichen Häusern sind die besonders in Südtirol verbreiteten Ansitze. Diese für das Land so typischen Objekte sind meist etwas kleiner als Schlösser und stehen immer in dörflicher Umgebung, nicht in Städten. Hineingestreut in die Täler der wuchtigen Dolomiten, die man früher die bleichen Berge nannte, weil sie vorwiegend aus hellem Kalkstein bestehen. Dabei ziehen sich die Wiesen und Almen bis weit hinauf. Darüber türmt sich fast übergangslos der nackte, hellgraue Fels, bildet die prägnanten Spitzen und Gipfel, etwa der Drei Zinnen. Für Le Corbusier waren die Dolomiten überhaupt das schönste Gebäude der Welt.
Da Ansitze ausschließlich als Wohn- und Repräsentationsbauten gedacht waren, wurden zwar Versatzstücke von Burgen wie Wohntürme, Zinnen und Schießscharten als stilgebende Elemente verbaut, Ansitze sind aber unbefestigt. Charakteristisch für Ansitze in Südtirol sind Wandmalereien auch mit weltlichen Themen, wie der Jagd und der Freude am Leben. Ihre Bewohner waren von der Abgabenpflicht und der niederen Gerichtsbarkeit befreit.
Selbst in einem solchen nächtigen kann man, etwa im Blumenhotel Ansitz Angerburg in Eppan/St.Michael. Das Haus stammt aus dem 16.Jahrhundert. Seinem Namen gerecht wird es durch den dazugehörigen Park mit Rosen, Obstbäumen, aber auch Bananenstauden und einem Garten mit Gemüse für den Hausgebrauch. Eppan liegt an der Südtiroler Weinstraße, die bei Bozen beginnt und bis Salurn führt. Auf den sanften Hügeln gedeihen die berühmten Kalterer Weine.
Beeindruckende Vinothek
Wer sich durch diese und andere Weine aus Südtirol, Italien und der restlichen Welt durchkosten will, sollte den Pillhof mit seiner beeindruckenden Vinothek besuchen. Er liegt auch in Eppan. Die heutigen Besitzer haben das alte Gemäuer vorsichtig renoviert und mit moderner Architektur ergänzt. Bei – bis auf den heurigen Sommer durchaus häufigem – Schönwetter und an lauen Abenden kann man im Innenhof sitzen, sonst hockt man sich an die lange Weintheke der Bar. Stilvoll-ländlich essen lässt es sich im Ansitz Goller in Rasen-Antholz zwischen Bruneck und Innichen. Auch dort kann man sich einquartieren und sich als Landadeliger der Renaissance gerieren oder einfach im Rieserferner-Gebirge wandern.
Ein klassischer Ansitz steht in der Ortsmitte des Dörfleins Uttenheim bei Gais im Ahrntal. Der erste Teil entstand im zwölften Jahrhundert und wurde von Ministerialen der Herren von Taufers bewohnt. Eine Zeit lang wurde dort Gericht gehalten. 1618 kaufte der Vorfahre der jetzigen Besitzer – der Familie von Sternbach – den Ansitz an und begann mit der Erweiterung zur heutigen Form mit drei Stockwerken, einem Turm mit Glocken und hauseigener kleiner Kirche – der Heiligkreuzkapelle –, in der 20 Leute Platz finden.
Glockenläuten für das Dorf
Die Glocken werden heute noch angeschlagen, wenn an hohen kirchlichen Festtagen eine Prozession durch den Ort zieht.
In früheren Jahrhunderten wurden die Sternbachs zu wichtigen Arbeitgebern in der Region als Teilhaber des Kupferbergwerks im nahen Prettau. Da sich die Familie über die Jahrhunderte weit verzweigte, gibt es auch an anderen Orten Sitze unter demselben Namen, wie das Stadtpalais der Sternbachs, das im Zentrum der Oberstadt von Bruneck thront, oder das Schloss in Mareit, das heute das Jagd- und Fischereimuseum beherbergt.
Die genannten Gebäude sind in der Region aber nicht die einzigen ihrer Art. Wer von Uttenheim weiter nach Sand in Taufers fährt, kann dort auch gleich den nächsten Ansitz bewundern.
WOHNEN IN ANSITZEN
Blumenhof Ansitz Angerburg
I-39057 Eppan/St. Michael
Ansitz Goller
Niederrasen 12
I-39030 Rasen im Antholzertal,
Pillhof – Vinothek und Restaurant
I-39010 Frangart – Eppan an der Weinstraße, pillhof.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2014)