Südsteiermark: Fein beim Wein sein

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An der südsteirischen Weinstraße immer wieder abzweigen: So landet man bei Buschenschenken und ansehnlichen Quartieren.

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Verfahren kann man sich an der Südsteirischen Weinstraße eigentlich nicht, weil das Ziel klar ist: Es geht zum Wein – und daran geht kein Weg vorbei, egal, welche Abzweigung der Abzweigung der Abzweigung man nimmt. Überall an der schmalen Straße, die sich entlang der steirisch-slowenischen Grenze hinauf- und hinunterwindet, stehen Wegweiser zu Winzern und Buschenschenken, sodass es fast den Eindruck hat, als ginge in der Region kaum jemand einer anderen Erwerbstätigkeit nach, als im Weinberg, im Keller, im Gastgarten oder hinter der Ausschank zu werken. Am Ende einer solchen Ab-Ab-Abzweigung landet man also meist vor einem alten, geduckten Weinbauernhaus mit einem lauschigen Hof oder einer Wiese mit Heurigengarnituren und Blumentrögen, Lauben und Holzfässern. Zusehends mischen aber auch sägeraue Bretterfassaden, Sichtbeton, Glasfassaden und Designermöbel atmosphärisch im Buschenschenken- und Weinambiente mit. Vor allem dort, wo sich das Bettenangebot erweitert – wer kostet, will schließlich vor Ort übernachten, ein paar gemütliche Tage verbringen, eine Woche zwischen Laubwäldern, Gräben und Rebreihen herumwandern, vielleicht sich sogar länger zurückziehen, um in der Natur abzutauchen.

Steinhaus an der Grenze. In einer Gegend, in der nach jeder zweiten Kurve der Vergleich mit der Toskana (ja, noch immer) herbeizitiert wird, ergeben sich immer wieder Plätze, an denen der Landschaftsausschnitt noch etwas großartiger, das Zusammentreffen von Hügelkante, Waldband und Weinzeilen kompositorisch noch gelungener erscheinen als anderswo. So ein Genius Loci schwebte Dietmar Silly, Erfinder von „Pures Leben“, einem Destinationskonzept, das weit über das bloße Angebot von Ferienhäusern hinausgeht, schon immer vor. Vor Kurzem hat Silly so einen Ort direkt an der Weinstraße bei Plac gefunden: Ein größeres Grundstück mit einem kleinen, alten Steinhaus drauf, das er mit seinem Bruder hergerichtet hat. Nach Süden fällt der Hang steil ab, drüben wachsen schon die Reben der Štajerska. Hier kann man sich in die Wiese pflanzen, abhängen und sich mit Erzeugnissen aus der eigenen Land- und Weinwirtschaft verköstigen (lassen). Im Steinhaus steht ein alter Sparherd, in dem jede Woche eine „aufgsetzte Henn“ schmurgelt. Die Ausstattung rundherum ist bewusst reduziert und dadurch erst recht anheimelnd. Aus der kleinen Holzhütte daneben soll übrigens noch eine Art „Posthaus“ werden, Ideen hat Silly viele: „An so eine Lage würden andere eine Riesen-Buschenschenke hinbauen“, aber er realisierte mit dem Steinhaus einen Treffpunkt für die paar Gäste seiner weiter über das steirische Weinland verstreuten Ferienhäuser, von denen seit Jahren immer eines dazukam – Winzerhäuser, Weinstöckl, ein Neubau mit Glasfront, nun auch eine alte Keusche, die zu einem exklusiv-simplen Refugium werden soll. Ein besonders ansehnliches Exemplar aus dem „Pures Leben“-Häuserportfolio steht am Tunauberg, bereits etwas außerhalb der Rebenzone, ein alter Stadl, der ausgehöhlt und halb verglast wurde und ein gutes Beispiel dafür abgibt, wie man in zeitgemäße regionale Architektur Altes integriert – oder umgekehrt.

Klösterliches Areal. Mit der Dachkante parallel zur Hügelkante, einstöckig, langgestreckt, Wirtschafts- und Wohnräume verbindend, mit geschlossenem Dachüberstand und mit gekalkter Fassade – so sehen die charakteristischen Häuser in der Gegend aus. Kleiner und putziger noch: Kellerstöckl, die sich der potenzielle Zweitwohnbesitzer wünscht und auf dem Markt kaum mehr bekommt, selbst wenn er viel dafür hinlegen wollte.

Wer hier in den vergangenen 25 Jahren immer wieder einmal unterwegs war, wird den enormen Schub erkennen, den der Hype um den steirischen Wein (Stichwort Sauvignon Blanc), die Öffnung der Grenze und die touristische Erschließung der kleinbäuerlichen Kulturlandschaft erlebt hat. Herausgeputzt sind die kleinen Gehöfte, viele wurden von Grund auf restauriert beziehungsweise mehr oder weniger mutig aus- und umgebaut, weil man plötzlich die Qualitäten der alten Substanz erkannte. Mancher größere Weinbaubetrieb stellte um die 2000er-Jahre eine Architektur in die Hügellandschaft, aus der mehr der internationale Repräsentationsgedanke als der regionale Bezug spricht.
Aber auch das hat heute Platz an der meist so idyllischen, nur im Herbst stark frequentierten Weinstraße. Es fügt sich mittlerweile ganz gut ein ins Bild zwischen Reben, Laubwald, gemauerten Häuschen: Glas, Beton, Flachdach, Holzverschalung, markante Farben. Im Weingut Tement zum Beipiel entstand vor über 14 Jahren einer der ersten coolen steirischen Weinbauten. 2010 wurde dann ein altes Gebäude adaptiert, um Magnum-Flaschen und Gastronomie zu beherbergen, bis schließlich vor Kurzem die „Winzarei“ eröffnet wurde. Tements Magnothek und Winzarei (beides: Architekt Alberto Bach) befinden sich an einem atmosphärischen Platz an der Weinstraße – auf dem Areal neben der Karmeliterkapelle an der Toplage Zieregg. Zwei der alten Gebäude wurden mit Umsicht renoviert, umgebaut und mit jeweils drei Appartements ausgestattet. Nach längerem Leerstand konnte die Familie Tement diese Objekte pachten, Licht in die alten Gewölbe bringen und die Räume mit einem stilsicheren Mix aus modernem und traditionellem Mobiliar gestalten.

Rebstock-Fassade. Wenn die Lage fast überall so erstklassig ist wie zwischen diesen südsteirischen Wein-, Wald- und Wiesenhügeln spielen andere Faktoren eine noch größere Rolle als sonst: Es ist der besondere Spirit, der den Gast an einem Ort umfängt. Ruhig, etwas abseits des Verkehrsstroms der Wein und Kastanien verkostenden Herbstausflügler wird die „Weinidylle Dreisiebner“ in Sulztal ihrem Namen gerecht. Vor den Weinstöcken gedeiht Gemüse, Ziegen arbeiten „als dekorative Landschaftspflege“ rund ums Haus. Ein kleiner Gastgarten, ein einfacher, mit Geschmack eingerichteter Gastraum. Oben in dem schlicht-schönen Haus (Architekt Albert Köberl) befinden sich Gästezimmer ohne jede Überfrachtung. Der Bau steht für eine dezente Winzerarchitektur, die die typische Bauform aufgreift und in Holz überträgt „Bei uns ist die Gegend schon kitschig, daher kann man einfach schön bauen“, erklärt Hans Dreisiebner die Qualität des Unspektakulären. Nun entsteht zwischen den Reben ein außergewöhnliches Quartier: Eine „Hütte“, die vor allem durch ihre Fassade auffällt – alte Rebstöcke hüllen die in den Hang gebaute Box ganz ein, drinnen ist sie holzverschalt und integriert gleich Sitz- und Ablageflächen. Der Kaminofen und die große Fensterfläche lassen gut imaginieren, hier auch ein paar trübe Tage zu verbringen und zuzuschauen, wie die Nebelschwaden zwischen den Büheln herumziehen.Die Reize der Gegend sind ohnehin über das Wetter oder die Jahreszeiten erhaben, mittlerweile kann man im ganzen Sommer geöffnete Buschenschenken finden, von klassischen Gastronomiebetrieben ganz abgesehen. Heuer gibt es vielleicht noch mehr Grund, sich auf den Weg zu machen: Vor 230 Jahren wurde unter Kaiser Joseph II. die Zirkularverordnung ausgegeben, also die Erlaubnis, selbst erzeugten Wein, Obstmost und Lebensmittel anzubieten. Zum Jubiläum findet sich etwas Neues auf den Karten einiger Buschenschenken, etwa eine vegane Jause, wie sie Susanne Dreisiebner oder das Weingut Kögl anbieten: vom Käferbohnenaufstrich bis zum Melanzaniröllchen, etliche Rezepte wurden vom Dreihaubenkoch Gerhard Fuchs (ehemals Kreuzwirt) kreiert.

Idealerweise wandert man hier von Weinbauer zu Weinbauer – nimmt sich die Zeit für den Weg. Geradeaus und eben dahin geht es hier nie, was ürbigens selten am Pegel der verkosteten Morillons, Grauburgunder oder Welschrieslinge liegt. Daher noch ein Tipp für eine längere Erkundung der Materie zwischen den Hügeln: In Sulztal 13 hat mit dem Vincent ein neues Hotel in altem Bestand geöffnet. Ein Investor hat Geld in die Hand genommen, um die Anlage auf heutigen Stand zu bringen, umbauen beziehungsweise neu bauen zu lassen: Heute warten Suiten, Pool und lässige Atmosphäre auf den Gast, der von hier ausschwärmt. Und ausrastet, bevor er sich von Abzweigung zu Abzweigung durcharbeitet. 

Tipp

Übernachten. Weinidylle Dreisiebner, Buschenschenke und hübsche Zimmer, demnächst fertig: Häuschen im Weingarten. www.weinidylle-dreisiebner.at

Pures Leben: verschiedene Ferienhäuser an verschiedenen Stellen an der südsteirischen Weinstraße und darüber hinaus. Steinhaus als zentraler Treffpunkt. www.puresleben.at

Hotel Vincent: Altes Gebäude, komplett umgebaut und erweitert. Modernes Hotel mit Suiten und Panorama-Pool. www.vincent-hotel.at

Winzarei: Das neue Chalet-Projekt des Weinguts Tement, bislang zwei Häuser, sehr geschmackvolle Appartements an der Lage Zieregg, www.winzarei.at

Einkehr. Die Buschenschenke feiert heuer 230-Jahr-Jubiläum. Aus diesem Grund zahlreiche Initiativen, unter anderem das Angebot von veganer Buschenschankjause bei z. B. Weingut/Buschenschenke Kögl, Firmenich, Repolusk, Polz, Peter Skoff, Muster, Tschermonegg oder in der Weinidylle Dreisiebner. 15 Betriebe haben einen Kochkurs bei Haubenkoch Gerhard Fuchs besucht, bieten nun Bohnenkaviar, Zucchinibrot, eingelegten Kürbis, suedsteirischeweinstrasse.at

Unterwegs. Besser ohne Auto. Entweder man wandert oder ruft das Weinmobil: 03454/94127. www.suesteirischeweinstrasse.at


Die Reise wurde unterstützt von Steiermark Tourismus und Tourismus Kompetenz Zentrum Süd & West Steiermark.

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