Zum Julebord nach Norwegen

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Kreuzfahrt für Anfänger: in Kiel nachmittags ablegen, essen, trinken, tags darauf Oslo anschauen, um 14 Uhr wieder an Bord gehen, essen, trinken und tags darauf in Kiel ankommen. Schlecht?

Erwachsene lieben Kinderessen!“ Das kleine blonde Mädchen lächelt verschmitzt. Ertappt. Und das auch noch beim Pommes-Klauen vom Kinderbuffet. Dabei biegt sich doch im Rücken das vorweihnachtliche Julebord unter Lutefisk und Pinnekjött, Langusten, Krabben und Muscheln. Aber knusprige Pommes passen eben zu allem. Auch zum Weihnachtsbier. Doch plötzlich beginnt der Boden zu schwingen, der einst beschwingte Gang zum Buffet fällt schwerer. Die Color Magic hat das Skagerrak erreicht und ist den Wellen der offenen Nordsee ausgesetzt.

Die dreitägige Minikreuzfahrt von Kiel nach Oslo und zurück ist etwas für Einsteiger und Ausprobierer. Zwei Nächte auf See, vier Stunden in Oslo und unterwegs alles, was ein Kreuzfahrtschiff braucht: Aqualand mit Rutsche und Whirlpool, Wellness- und Fitnessstudio, Kasino, mehrere Restaurants, Shops und Cafés, eine Musical-Show und Diskotheken. Am frühen Nachmittag des ersten Tages legt die riesige Fähre der Colorline-Reederei vom Norwegenkai in Kiel ab. Es wird schon früh dunkel an diesem Spätherbsttag. Das Schiff passiert die dänischen Inseln Lolland und Langeland und pflügt durch den Storebaelt. Schon kurz nach 18 Uhr versammeln sich vermummte Reisende auf dem windigen Deck. Die hell erleuchtete, knapp acht Kilometer lange Öresundbrücke rückt näher. Die längste Schrägseilbrücke der Welt verbindet Kopenhagen mit Malmö in Schweden und lässt dem Schornstein des Kreuzfahrtschiffes nur wenig Raum. Kaum ist das Bauwerk unterquert, drängen sich die Urlauber aus der Kälte wieder unter Deck.

Beim ersten morgendlichen Blick aus dem großen Bullauge der Kajüte leuchten schon die bunten Holzhäuser im Oslofjord. Wie ein schwimmender Wolkenkratzer legt die Color Magic im Hafen unweit des neuen Viertels Aker Brygge mit seinen schicken Wohnbauten, Museen und Shoppingcentern an. Nur vier Stunden bleiben für das Weihnachts-Shopping.

Aber die 600.000-Einwohner-Stadt ist klein, Zeit genug, einmal die Einkaufsstraße vom Schloss zum Bahnhof entlangzubummeln. Zurück an Bord drängen sich die Gäste um die besten Plätze auf Deck 15 in der Observation Lounge. Bei Kaffee und Glögg (Punsch) werfen sie durch die Panoramafenster einen letzten Blick auf die markanten Türme des Rathauses. Vorbei an den bunten Holzhäuschen des Oslofjordes geht's Richtung Dänemark. Es wird zeitig dunkel, die Gäste strömen schon am frühen Abend ins große Restaurant auf Deck 6. In der Vorweihnachtszeit zelebriert die Reederei das traditionelle norwegische Julebord, ein Festessen mit Geschäftspartnern, Freunden und norwegischen Weihnachtsgerichten vom Buffet: Mattweißer Lutefisk mit zerlassener Butter, Kartoffeln, Speck und Erbsenpüree ist nicht nur vor Weihnachten beliebt. Küchenchef Tore Pedersen braucht viel Zeit für die Zubereitung, denn der Trockenfisch, Kabeljau, wird bis zu sieben Tagen gewässert, wechselt dabei zweimal täglich das Wasser, schwimmt dann drei Tage in einer Natronlauge, hüpft erneut in ein dreitägiges Wasserwechselbad und wird erst dann gekocht. Ähnlich aufwendig ist die Zubereitung des Pinnekjött: Lammrippchen. Rentierschinken, Kaviar, Shrimps und Königskrabbe liegen zwischen blühenden Weihnachtsternen, Tannenzweigen und rotbemützten Julenissen, Trollen mit weißem Bart. Als Dessert locken Weihnachtstorten, Lebkuchen, rosafarbene Zuckerblumen und Zimtkekse. Und wieder erschüttert ein leichtes Schwanken die Color Magic.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2014)

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