Neuer Cruise Liner: Versteckte künstlerische Qualitäten

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Eine italienische Signorina zeigt nicht sofort all ihre Reize: Die neue Costa Diadema hat neben viel Italianitá auch Kunst an Bord, die erst einmal entdeckt werden will.

Feuerwerk über Genua. Die alte Kaufmannsstadt, die den Schiffen das Tuten verbietet und die Stazione Marittima mit all ihren Unzulänglichkeiten unter Denkmalschutz stellt, hatte ein Einsehen. Glitzersternchen regnen auf die neue Costa Diadema, die nach Genua passt wie nirgends sonst hin. Ihr elegant geschwungenes Hinterteil erinnert an die kurzen, engen Röcke, die man auf der Promenade sieht, ihr schnittiger Bug an die schnellen italienischen Liner, die in den 1960er-Jahren hier abgelegt haben. Nur der im Namen versprochene Kopfschmuck sieht mit gelbem Schornstein und Kinderspielburg eher alltäglich aus.

Mariejune von den Philippinen kratzt das alles nicht. Sie hat einen Topjob als Icemaster. An der Tiefkühltruhe. „Marihuana“ nennt sie sich scherzhaft, und das handgemachte Eis, das sie in kunstvolle Bällchen formt, ist in der Tat eine Droge. Zwischendurch hechtet sie zur Pfanne, damit die frischen Crêpes nicht anbrennen. Ein kühner Schwung, die B-Seite brutzelt. „Die Erste hing an der Decke“, lacht Mariejune, „seitdem kann ich's!“ Über ihr tropfen, pardon: leuchten bunte Glühlampen in Eiskugelform. Joe Farcus, Costas bunter Vogel der Innenarchitektur, durfte sich noch einmal austoben.

Die Costa Diadema setzt auf Kunst. 7671 Kunstwerke sind an Bord – für alle, die es genau wissen wollen. Gemälde, Skulpturen, Grafiken und Fotografien von 41 Künstlern, darunter 190 Originale. Wo sie sich nicht in den Kabinen der Passagiere verbergen, haben die abgebildeten Personen bisweilen ein Brett vorm Kopf, sind doch die Gemälde nicht selten in den Treppenfoyers hinter einem Geländer platziert. Der typische Kreuzfahrtgast aus dem Mittelmeerraum lacht über den kleinen Fauxpas. Weniger verzeihen würde er, wenn er nicht mit „Bon Giorno“ angesprochen würde. Italienisch ist und bleibt die erste Sprache, Pizza das Gericht Nummer eins am Buffet und grün-weiß-rot die Farben an Bord. Die Diadema ist ein unauffälliges Schiff. Sie protzt nicht, weder mit übergroßen Dimensionen noch mit knallbunten Farben. Viele Gesellschaftsräume, die sich auf den Decks aneinanderreihen, zeigen Holztöne und gedeckte Farben. Der Balkon eines der Nobelrestaurants schaut auf die Tanzfläche, an der Wand statt großer Kunst große Weine, appetitlich aufgereiht, dem Abend italienischen Geist einhauchend. Vielleicht aber möchte man lieber draußen speisen. Die unendlich lang scheinende Promenade hat es in sich: Wo drin ein Gourmettempel liegt, weitet sie sich zu einer kleinen Piazza. Ein Zeltdach gibt Schutz, darunter Mobiliar, das zum Etablissement passt. Wer die Pizzerien und Osterien auf Italiens Stadtplätzen kennt, erahnt die Atmosphäre. Andernorts schwingt sich die Reling in elegantem Bogen um einen kleinen Whirlpool mit Meerblick. Ein großes, komfortables Schiff, in dessen Architektur eine Reihe kleiner Geschenke versteckt ist. Gut, dass man auf der Stammroute durchs westliche Mittelmeer eine Woche Zeit hat, sie zu entdecken.

Das größte italienische Schiff überzeugt vor allem durch Vielfalt, Klassik und Italianitá. Das Costa-typische Samsara-Spa, in dem eine Behandlung auch eine fernöstliche Teezeremonie umfasst, verteilt sich auf der Diadema über vier Decks und hat einen eigenen Außenbereich. Am Hauptpool in der Mitte, der mit einem Glasdach verschlossen werden kann, tobt das bunte italienische Leben: Bar, Riesenbildschirm, lauschige Ecken. Und damit's aussieht wie bei Muttern: Blumenkästen!

Anders auf dem Achterdeck, das zwar im Verhältnis zur Schiffslänge nicht riesig ist, mit seinem Blick ins Achterwasser aber Ruhe verströmt. Der kleine Pool ist für Agoraphobiker gerade richtig. Costa-Schiffe sind und bleiben Klassiker. Das beginnt bei der fixen Tischzeit im Restaurant, wo sich Nordeuropäer meist für die erste, mediterrane Gäste für die zweite entscheiden, inkludiert fixe Sitzplätze und endet dort noch lang nicht, wo der typische Costa-Schornstein der 1960er-Jahre als Türgriff dient.

Der Autor ist von Costa-Kreuzfahrten zur Schiffstaufe eingeladen worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2014)

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