Zimbabwe: Armes Land, reiche Natur

(c) Monika Nutz
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Zimbabwe zählt heute zu den ärmsten Ländern Afrikas. Reich an Tieren und Naturerlebnissen sind aber seine Nationalparks.

Die Regenzeit hat viel Niederschlag gebracht, das Elefantengras steht hoch. In den nächsten Monaten wird es allmählich vertrocknen und den Blick großflächig freigeben. Doch auch jetzt schon ist das Szenario überwältigend: Nahe einem Wasserloch grasen große Herden von Impalas, Gnus und Kudus in trauter Eintracht mit Zebras. Sie bilden eine Schicksalsgemeinschaft, die immer auf der Hut sein muss vor den großen Jägern: Löwen, Leoparden, Geparden. Nicht weit entfernt grast eine große Büffelherde. Wenn sie in Bewegung kommt, suchen selbst die Löwen Deckung, sie würden einfach niedergerannt und zertrampelt. Aus dem Unterholz taucht eine Elefantenherde mit drei Jungen auf, die sich den Weg zur Lichtung bahnen. Was sie als Hindernis betrachten, hat nicht lang Bestand. Die Antilopen und Zebras lassen sich jedoch nicht stören. Von den Dickhäutern droht keine Gefahr.

Der Hwange-Nationalpark im Nordwesten von Zimbabwe zeigt sich von seiner besten Seite. Zwar ist er nicht so bekannt wie die Serengeti in Tansania, Masai Mara in Kenia oder der Kruger-Park im benachbarten Südafrika, doch das Gebiet von der Größe Belgiens bietet einen Tierreichtum, der keinem anderen Park nachsteht. Aber warum ausgerechnet Safari in Zimbabwe, wo seit über 30 Jahren ein Diktator herrscht? „Weil die Menschen hier besonders gastfreundlich sind und es wenige Auseinandersetzungen untereinander gibt. Wir halten zusammen, nicht nur, weil wir müssen, sondern weil es unsere Überzeugung ist. Das spüren auch unsere Gäste“, sagt Kim White, Camp-Managerin von Wilderness Safaris, einem im südlichen Afrika operierenden Anbieter. Vor mehr als 30 Jahren von zwei jungen Südafrikanern gegründet, propagiert das Unternehmen einen umwelt- und sozialverträglichen Tourismus. Das beginnt in den Camps, in denen es zum Beispiel kein Wasser in Plastikflaschen gibt, sondern nur in großen Kannen, aus denen sich jeder selbst bedienen kann. Seife, Shampoo, Lotion und sonstige Mittel für die Körperpflege werden in nachfüllbaren Spendern bereitgestellt. Kleine Maßnahmen, die bei vielen Besuchern große Wirkung erzielen.

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Unberechenbare Natur. Aber natürlich kommen die Besucher nicht zur Ökotour, sondern um die Natur und Tierwelt zu bestaunen. Zweimal am Tag brechen die Ranger von Wilderness Safaris mit ihren Gästen zur Tierbeobachtung auf: morgens, nach dem ersten Frühstück, das bereits um sechs Uhr auf dem Programm steht; die Tour dauert bis kurz vor Mittag. Und dann, nach einer Regenerationsphase, geht es um 16 Uhr zur Abendtour, die sich bis in die Dunkelheit hineinzieht.

„Wir können nie genau vorhersagen, was wir sehen
werden. Die Natur ist unberechenbar, aber das macht ihren Reiz aus“, sagt Charles Ndhlovu, der sich seit vielen Jahren immer wieder begeistern lässt von dem, was die Natur ihm und den ihm Anvertrauten bietet. Heute Abend ist es besonders üppig. Bei einem verlassenen Camp haben Löwen ein Zebra getötet und ins Gebüsch gezerrt. Wenn sie Beute machen, fressen sie, bis sie sich kaum noch bewegen können, argwöhnisch beobachtet von Schakalen. Im respektvollen Abstand schleichen sie um das Gebüsch herum, in der vagen Hoffnung, etwas von der Beute abzubekommen. Aus dem gleichen Grund versammeln sich Geier auf den Bäumen. Doch keiner wagt es, seine Ansprüche offen anzumelden, selbst mit einem satten Löwen legt sich niemand an.

Die Besucher in ihrem offenen Jeep trauen sich bis
auf wenige Meter an die Löwen heran. In dem Auto
sehen die Könige der Tiere keine Bedrohung. Es ist ein majestätischer Anblick, doch Charles Ndhlovu bleibt bescheiden. „Selbst bei einem solchen Schauspiel
würden wir niemals mit mehr als drei Autos auftauchen, denn wir wollen die Tiere in ihrer natürlichen Umgebung so wenig wie möglich stören.“

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Mit Pfeil und Bogen. Auf Wunsch bietet das Camp auch kurze Trekkingtouren zu Fuß durch die Savanne an. Die ein bis drei Stunden dauernden Unternehmungen
lenken den Blick mehr auf den Mikrokosmos im Park. Ndhlovu erklärt die Spuren am Wegesrand, wie alt sie sind und in welchem Tempo sich die Tiere bewegt haben. Das war für die Jäger früher entscheidend, doch heute bedeutet jede Jagd ein Verbrechen. Dann sind nämlich Wilderer am Werk.

Was, wenn die Wilderness-Ranger auf Wilderer stoßen? „Wir haben keine polizeilichen Befugnisse und dürfen niemanden verhaften. Wir können die Personen allerdings festhalten und den Sicherheitskräften übergeben.“
Wenn sie sich denn festhalten lassen.
Ndhlovu kennt zwei Arten von Wilderern: diejenigen, die aus wirtschaftlicher Not den eigenen Haushalt mit Fleisch versorgen wollen. Sie sind in der Regel mit Pfeil und Bogen unterwegs und harmlos, denn ihre Beute
sind nicht die bedrohten Großtiere, sondern Huftiere. Gefährlicher sind die schwer bewaffneten Profis, die gezielt Jagd auf Nashorn und Elefant machen,
ausschließlich wegen des Elfenbeins und der Hörner.

Vor allem Rhinozerosse sind – wie auch in Südafrika,
Botswana und Namibia – selten geworden im Hwange, denn in China, das übrigens im südlichen Afrika große Teile des Rohstoffabbaus beherrscht, und in Vietnam hält sich hartnäckig die Vorstellung, zu Pulver verarbeitet sei das Horn potenzfördernd und bekämpfe Krebs. Ein Kilo Nashorn-Horn hat den Schwarzmarktwert von 70.000 US-Dollar. Allzu häufig ist der Kontakt mit Wilderern jedoch nicht.

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Romantik pur. Den Sonnenuntergang choreografiert das Camp-Personal wie ein Theaterstück. Dann sucht der Fahrer einen Ort mit einem weiten, offenen Blick zum westlichen Horizont. Wenn sich der Himmel rot färbt, packt er einen Klapptisch aus. Dann ist Zeit für den Sun Downer, das Picknick bei Sonnenuntergang. Von Gin Tonic über Wein und Bier bis zu Softdrinks reicht das Angebot, zum Knabbern gibt es gebratene Hühnerhaxerln und Kartoffelchips – vom Küchenchef, nicht aus der Packung.
Die tropische Dämmerung vollzieht sich schnell, kaum sind die ersten Gläser leer, ist es dunkel geworden. Auf der Fahrt zurück ins Camp richtet der Ranger eine Infrarotlampe ins Gelände – unglaublich, was Charles Ndhlovu damit alles entdeckt. Seltene Eulen und selbst die perfekt getarnten Chamäleons entgehen seinem Blick nicht. Gefragt, wie das möglich sei, bleibt er einmal mehr bescheiden. „Ich kann es auch nicht erklären, es zeigt sich mir einfach . . .“ Nicht weit vom Nationalpark führt uns Kim White zu einem Ort, den 1855 der erste Europäer zu Gesicht bekommen hat: David Livingston, der berühmte britische Afrika-Forscher, stand mit großer Ehrfurcht vor hinabstürzenden Wassermassen, die er zu Ehren seiner Königin Victoria-Fälle nannte und von denen er sagte, sie seien „das Schönste, das ich je in Afrika zu Gesicht bekam“. Die gigantischen Fälle haben bis heute nichts von ihrer Faszination verloren, auch wenn die Anreise über gepflasterte Straßen verläuft. Doch das Bild, das sich bietet, ist das gleiche wie vor knapp 200 Jahren: Auf einer Länge von knapp zwei Kilometern stürzt sich der Sambesi in eine Schlucht, die kaum 50 Meter breit, aber doppelt so tief ist. Zur Regenzeit, wenn der Sambesi besonders viel Wasser führt, sprüht die Gischt bis in eine Höhe von 300 Metern. Die Einheimischen nennen die Fälle deshalb auch Donnernder Rauch.

Der Sambesi trennt Zimbabwe von Sambia, eine Eisenbahnbrücke verbindet die Staaten. Dort bieten findige Veranstalter Bungee Jumping an. Ja, wir wollen es versuchen und fühlen uns gut dabei – zumindest bis zum letzten, entscheidenden Schritt. Da hilft ein junger Mann sanft, aber entschieden – der freie Fall in 110 Meter Tiefe beginnt. Ein langer Schrei, heftigstes Kribbeln im Bauch und irgendwann ein sanfter Ruck. Wie nah der Sambesi jetzt plötzlich ist, der noch Sekunden vorher eine dunkle, gähnende Schlucht war. „Brave man“, empfängt mich ein Passant lachend, als ich später wieder auf der Brücke auftauche, „ich würde das für zwei Millionen Dollar nicht machen.“

Tipp

Authentisch. Afrika als Inspiration, Kette von
www.time4africa.com
Nützlich. Fernglas Safari UltraSharp 8 x 22 von Steiner. steiner.de
Ratsam. Tenere Light, ein hoher, fester, aber leichter Schuh von Aigle. Aigle.com

Nationalparks. In Zimbabwe gibt es zehn Nationalparks, die etwa zehn Prozent der Landesfläche umfassen. Mit 14.651 km² ist der Hwange der größte und zweitälteste (errichtet 1949). Er zählt geografisch zur Kalahari-Wüste, hat aber üppige Niederschläge und den größten Wildbestand in Zimbabwe.

Pauschal. Zahlreiche Veranstalter haben Zimbabwe im Programm, zum Beispiel Akademischer Reisedienst, Dertour, Ikarus/Dodotours, Jedek Reisen, Jumbo Touristik, Kneissl Touristik, Meier‘s Weltreisen, TUI und Windrose Finest Travel.

Reisezeit. April bis Oktober ist die wichtigste Reisezeit, wenn es trocken und relativ kühl ist. Dann sind die Gräser niedrig und erlauben eine gute Sicht. Gegen Ende der Trockenzeit werden die Wasserstellen künstlich bewässert, um die Sichtung von Tieren zu ermöglichen.
Wildernes Safaris bemüht sich, Ökologie und Komfort zu verbinden, zum Beispiel mit einem Zubringerservice vom Flughafen Viktoria Falls oder Livingston.
www.wilderness-safaris.com

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