Essen auf Zypern, ein Überlebenskampf

Larnaka
Larnaka Imago
  • Drucken

Kulinarische Offensive statt Wirtschaftskrise: Im Land der Aphrodite wird auch heute nicht an Kalorien gespart. Wenn's um Rotweinwürste oder libidinöse Süßspeisen geht, hauen die Zyprioten auf den Tisch.

Nahezu dreißig Jahre ist es her, seit Sofronis Potamitis die Kultur des Agriturismo auf zypriotischen Boden verpflanzt hat. Mit seinen Cyprus Villages im Hinterland von Larnaka hat er sich im Lauf arbeitsreicher Jahre eindeutig in die architektonische Oberliga des touristischen Herbergswesens gespielt.

Statt klaustrophobischer Bettenburgen und stürmischer Strandszenarien werden seine Gäste in und um das Örtchen Tochni von stilvollen Steinhäusern und beschaulicher Stille erwartet. Statt Jubel, Trubel und ferialer Fertigkost offerieren die pittoresken Villas viel Privatsphäre mit Pool und frische biologische Köstlichkeiten.

Beim kulinarischen Ultra-Marathon der Zyprioten – den traditionellen Mezes, bei denen bis zu dreißig unterschiedliche Gerichte auf den Tisch kommen – liegt seine Taverna um Kochlöffellängen vor der Konkurrenz. Den Auftakt zu dieser kalorienreichen Tour de Force liefern Tsakistes – grüne Oliven – in einer Marinade aus Kräutern, Knoblauch, Zitronensaft, Öl und Koriander. Danach geht's weiter mit gefüllten Weinblättern (Dolmadhakia), Lammleber, Schnecken in Tomatensauce, knackigen Artischocken, eingelegten Kapernblättern, Halloumi aus Ziege und/oder Schafmilch, die kompakte, würzige Konkurrenz zum fad-weichen Mozzarella – in tausendundein Variationen sowie Bergen an Salat, Sesampaste und Fischrogendip.

Rotweingetränkt

Damit noch lang nicht genug: Zur intestinalen Pflicht zählen in der Folge auch Kaninchenbraten, gedämpfter Oktopus, Hackfleischbällchen, delikates Lountza, eine Spezialität aus geräuchertem, in Rotwein getränktem und sonnengetrocknetem Schweinefleisch – wobei die Zyprioten liebend gern auch ihren Würstchen einen weinseligen Geschmack verleihen – und deftigere Gerichten wie das inoffizielle Nationalgericht Kléftiko – ein Lamm- und Ziegenfleischeintopf aus Lehmofen und Tongefäß. Wer mag, kann bei Sofronis schon bei der Ernte und der Zubereitung der einzelnen Speisen mit Hand anlegen, denn das meiste stammt aus eigenen Anbau.

Neben 25 Hektar duftender Orangenhainen, wo Oma Eflambia ungebremst ihres erntetechnischen Amtes waltet, kultiviert Sofronis auch sein Gemüse selbst. Und Gattin Marisa, eine in südliche Gefilde emigrierte Schweizerin, steuert die würzigen Noten zu jeder Hekatombe bei. Ihr Kräutergarten, dessen Ausmaße den angrenzenden Pferdekoppeln in nichts nachstehen, vereint alles, was gut und gesund ist.

Tee, wozu? Kräuter tun's auch

„Wir Zyprioten trinken wenig Tee“, klärt sie mich über die gastronomische Bestimmung von Eisenkraut und Malven auf. „Wir tröpfeln Olivenöl und Zitrone drauf und essen die Kräuter als Salat.“ Hält offenbar wirklich jung, denn die „erleuchtete“ Oma Eflambia schreitet mit ihren 69 Jahren rüstig aus.

Die Gäste hingegen widmen sich nun gern der alkoholischen Kür, wobei auch hier die Wahl zur Qual wird. Am besten passt man sich den örtlichen Tischsitten an und tastet sich „siga siga“ von Glas zu Glas weiter, also ganz langsam und gemächlich, dafür über Stunden hin. Der Brandy Sour etwa aus Brandy, Zitronensirup und Angostura macht als Aperitif süffige Figur. Zum Essen wird fruchtiger Xynisteri, ein autochtoner Weißwein, gereicht. Zum Dessert muss der süße Nationalwein Commandaria her und schlussendlich ein Stamperl Zivania-Schnaps, um auf Gott, die Welt, den Koch und das bewegte zypriotische Leben anzustoßen.

„Zumindest stehen wir nicht mehr in den Schlagzeilen,“ sagt der Patron des Hauses, der, wie viele andere, die Krise zu spüren bekommen hat. Die Arbeitslosenrate sei gestiegen, vor allem unter den Jugendlichen, viele Menschen hätten viel Geld verloren, einige stünden vor dem Ruin. Mittlerweile habe sich die Lage allerdings gebessert. Menschenmassen wären ohnedies nie bei ihm eingefallen, denn Cyprus Villages visiert Individualisten an, die das Land per Fahrrad, auf dem Pferd, mit dem Mietauto oder zu Fuß erkunden wollen. Und das werden sie bei diesen traumhaft schönen, schmackhaften und aphrodisierenden Aussichten auch weiterhin tun. Denn Aphrodite gehört zu Zypern wie der Gamsbart zum Steirerhut. Unzählige Pfade führen zu aphrodisierenden Bädern, Tempeln und Stätten der Lustbarkeit. Angeblich hat die Göttin der Liebe und Schönheit ja hier gelebt und geliebt.

Südlich von Paphos soll die Schaumgeborene einst einer Muschel entstiegen sein, wo heute noch ein paar pittoreske Felsen aus dem Meer ragen. Belagert von Touristen und umwoben von Legenden, trotzen diese Pétra tou Romioú – Felsen der Romäer – stoisch den (Ge-)Zeiten. Wer zu Mitternacht und bei Vollmond um den richtigen Felsen schwimmt, sagt man, spart sich die Schönheitschirurgie. Denn mit jeder Runde gewinne man an Jugendlichkeit oder zumindest an Kondition.

Aldiana kocht auf

All-inclusive-Kluburlaube sind zwar nicht jedermanns Sache, aber der Aldiana Club in Alaminos/Larnaka hat neben den üblichen Animationsprogrammen und ausgedehnten Freizeit- und Parkanlagen gastronomisches Neuland betreten. Küchenchef Tim Hoffmeyer, der seit 2008 das kulinarische Zepter schwingt, kocht nicht nur überraschend geschmackvoll und zu einem Gutteil nach zypriotischen Originalrezepturen auf, er rührt auch gern jedem Gast sein eigenes Süppchen. Sofern diesem der Gaumen nach spezieller Gesundheits- bzw. Schonkost steht.

Ob Allergien, Glutenunverträglichkeit, Laktoseintoleranz, Stoffwechselerkrankung oder Diabetes – für jeden wird hier bedürfnisgerecht und gesundheitsverträglich aufgekocht, was das Urlaubsvergnügen beträchtlich erhöht und die Sorgen um das leibliche Wohl um einiges verringert. „Bei uns wird nicht gegessen, was auf den Tisch kommt,“ sagt der junge dynamische Deutsche, „sondern was dem Gast gut tut.“ Mir haben die Loukanika – in Rotwein gebeizte Würste mit wildem Koriandersamen, die nicht nur namentlich an die süditalienische Lucanica erinnert – jedenfalls sehr gut getan.

SICH VERJÜNGEN ODER HEKATOMBEN FEIERN AUF ZYPERN

Anreisen: Mo., Mi. und Fr., Wien–Larnaca–Wien mit Flyniki, ab 261 €; flyniki.com; die Airline fliegt auch Paphos an.

Agritourismus Cyprus Villages
7740 Tochni, Larnaka
Cyprusvillages.com.cy
Ayii Anargyri Natural Healing Spa
P.O.Box 64229, 8073 Pafos Zypern
Ayiianargyrisparesort.com

Hotel Club Aldiana Zypern****
George Mouskis Avenue, 7572, Alaminos
Aldiana.de/clubanlagen/zypern.html
Mail an den Küchenchef bei Nahrungsunverträglichkeiten bzw. Sonderkost.
kitchen(at)aldiana-lca.com.cy.

Karatello Tavern: wahrlich sehenswert;
Lanitis ,Carob Mill‘ Complex, Vasilissis Street, Lemesos, +357/25 820 464
Carobmill-restaurants.com

Ayii Anargyri Natural Healing Spa
P.O.Box 64229
8073 Pafos Zypern
Ayiianargyrisparesort.com

Vouni Panayia Restaurant & Winery
Auf über 1000 Metern Höhe großartiger
weißer Xinisteri und roter Maratheftiko.
Vounipanayiawinery.com

Infos: Die Autorin wurde von Flyniki, ITS Billa Reisen/Jahn Reisen und Zypern Tourismus (1010 Wien, Parkring 20, 01/513 1870; Visitycyprus.com) unterstützt.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.