Las Vegas: Steaks vom Monstergrill Inferno 69

Master chef Puck
Master chef Puck(c) REUTERS
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Sin City war lange Zeit nicht gerade für gutes Essen bekannt, nun ist sie auch kulinarisch ziemlich dynamisch. Zahlreiche Promiköche wie Pierre Gagnaire, der aus Kärnten stammende Wolfgang Puck oder Joël Robuchon haben Dependancen ihrer Restaurants in der Wüstenstadt in Nevada eröffnet.

Das Spielen war wichtig. Die Unterhaltung auch. Und das Essen? Das kam in Las Vegas lange Zeit zu kurz. Noch in den 1980er-Jahren war die Entertainmentmetropole im Grunde ein kulinarisches Niemandsland. Für die Scharen an Spielern und Touristen gab es Massenspeisungen mit großen All-you-can-eat-Buffets, die in der Regel nur ein paar Dollar kosteten.

Am Essen lag es daher nicht, dass es Wolfgang Puck, den in Kärnten geborenen und in Kalifornien lebenden Sternekoch, immer wieder nach Las Vegas zog. „Ich war seit Langem ein großer Fan von Las Vegas, weil ich dort zu den großen Boxkämpfen gefahren bin: zu Sugar Ray Leonard, Roberto Durán, Tommy Hearns und vielen anderen“, erinnert sich Puck. „Nach den Kämpfen konnten wir aber nie ein gutes Restaurant finden.“ Als eine Möglichkeit sich bot, ergriff er die Initiative: 1992 eröffnete er in der Nähe des Sportstadions im legendären Caesar's Palace mit dem Spago ein Fine-Dining-Restaurant. „Es war das erste der Stadt, das Bekanntheit erlangte“, sagt Puck, der sich über die Jahrzehnte in den USA so etwas wie ein Restaurantimperium aufgebaut hat und der in der Spielerstadt zum Kulinarikpionier wurde.

Zunächst sah es damals allerdings nicht nach einem Erfolg aus. „In den ersten Wochen lief das Geschäft schleppend, ich dachte, dieses Restaurant sei die schlechteste Idee meines Lebens gewesen. Doch dann kamen Neujahr und die großen Conventions im Jänner, und die Leute standen fast jeden Tag draußen Schlange“, berichtet der 65-Jährige. Das Spago existiert bis heute in der schnelllebigen Stadt – Puck hat inzwischen weitere Restaurants in der Wüstenstadt eröffnet.

Damit ist er nicht allein geblieben: Auch wenn manche Hotels nach wie vor zum Teil extrem billige Buffets anbieten, boomt die hochklassige Gastroszene seit einiger Zeit. Viele der rund 40 Millionen Touristen, von denen nur noch die wenigsten nur wegen des Glücksspiels kommen, sind bereit, mehr Geld in das Essen zu investieren. Dafür können sie aus extremer Vielfalt auf engstem Raum wählen und profitieren von der Konkurrenz unter den Kochkoryphäen, die versuchen aufzufallen. Schließlich geht es um Renommee und Geschäft gleichermaßen.

Echte Picassos an den Wänden

Der vielfach ausgezeichnete Thomas Keller gehört ebenso zur Elite der Sin-City-Spitzenköche wie TV-Kochstar Emeril Lagasse, der Brite Gordon Ramsay oder der Franzose Joël Robuchon. Letzterer wurde sogar als Koch des Jahrhunderts ausgezeichnet und sorgt an eher unerwarteter Stelle für Dreifach-Michelin-Stern-Niveau. Im labyrinthischen Resort-Komplex MGM Grand betreibt der Franzose direkt am Casino das L'Atelier, in dem die Speisen zum Teil vor den Augen der Gäste zubereitet werden, und gleich nebenan ein nach ihm selbst benanntes Restaurant mit intimerer Atmosphäre.

Vom Rummel an den Automaten und Spieltischen vor der Tür bekommt man nichts mehr mit, wenn in den Gourmettempeln so teure wie exquisite essbare Kunstwerke auf den Tisch kommen. Doch allein mit exzellentem Essen ist es nicht getan. Viele Restaurants protzen auch noch mit Ausstattungsextravaganzen: Im Picasso im Bellagio hängen echte Gemälde des spanischen Meisters. Im Aureole im Mandalay Bay lagert der Wein in einem vierstöckigen Turm. Und im Trevi im Caesar's Palace speist man wo? Genau: direkt an einem Nachbau des römischen Trevi-Brunnens.

Der Blickfang im rustikal eleganten Heritage Steak des glatzköpfigen Kochs Tom Colicchio, der auch als Juror beim Fernseh-Profikochwettstreit „Top Chef“ Bekanntheit erlangt hat, ist hingegen ein riesiger Grill. Von diesem soll es nur drei Exemplare in den USA geben – seinem Namen wird er jedenfalls mehr als gerecht: Inferno 69 heißt er und ist so groß, dass er von einem Kran durch das Dach in das Atrium des Mirage Hotel hineingehoben werden musste. Nicht kleckern, sondern klotzen: Jetzt wird er von gleich zwei Köchen betrieben, die das Feuer mit Eichenholz am Lodern halten und die hormon- und antibiotikafreien Steaks auf den Punkt genau garen. „Die Qualität ist wichtig, denn der Wettbewerb auf dem Strip ist hart“, sagt Matthew Chacho, einer der Küchenchefs. „Wir wollen eigentlich einfach Gerichte hochwertig zubereiten.“

Farm-to-Table-Philosophie

Das ist im Five 50 nicht anders: In der lockeren Pizza-Sports-Bar verbirgt sich der James-Beard-Award-Gewinner Shawn McClain. Hier gibt es nicht nur raffinierte, wagenradgroße Kreationen mit Zutaten wie Trüffelsalami oder Muscheln. Auf der Karte stehen unter anderem auch Salate, Vorspeisen und handgemachte Pasta, die nach der Farm-to-table-Philosophie zubereitet werden: bio, alles frisch und, so weit möglich, von Farmen aus der Region. „Der Erfolg der etablierten Köche in Las Vegas schürt bei vielen Kollegen den Wunsch, in Las Vegas mitzunaschen“, sagt der mehrfach ausgezeichnete Koch, der darüber hinaus im Aria-Resort auch noch im Sage Fine Dining zeitgenössische, amerikanische Küche anbietet.

Während die Restaurants auf dem Strip meist von Touristen frequentiert werden, sind im Vintner Grill zum Großteil einheimische Stammgäste. Das elegante Restaurant liegt in einem unscheinbaren Bürokomplex abseits der pulsierenden Entertainment-Ader im teuren Bezirk Summerlin, in dem Promis wie Steffi Graf und André Agassi leben. „Vegas erfindet sich kontinuierlich neu, und um Geld zu machen, sind Restaurants eine Möglichkeit, den Besuchern etwas Neues anzubieten“, erklärt Peter Varela, der Manager des Restaurants. Dessen Chefkoch, Matthew Silverman, begann seine Karriere als Tellerwäscher und wurde dann zum jüngsten Executive-Chef – bei Wolfgang Puck. Im ungezwungen schicken Vintner Grill bietet er nun amerikanische, mediterran beeinflusste Küche: vom Osso Buco mit Couscous über Krebsravioli bis zum Maine-Hummer. Auch wenn auf dem Strip alles im Überfluss zu haben ist, lohnt sich der Blick über den Tellerrand der Amüsiermeile hinaus.

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