Lässig fliegen: Uber für die Lüfte

(c) BilderBox
  • Drucken

Apps wie Jetsmarter bieten kostengünstige Restplätze für Privatjets an und attackieren damit Fluggesellschaften im First-Class-Segment.

Aaron Smart fliegt zweimal pro Woche und mag gern Privatjets. Das Problem: Er besitzt kein Flugzeug. Doch Smart hat ein Smartphone. Der Eigentümer der Art Now NY und Joseph Gross Galleries in Manhattan lebt in Rancho Palos Verdes in Kalifornien und New York. Um das Reisen zu erleichtern, nutzt er seit geraumer Zeit die App Jetsmarter. Damit können Nutzer Restplätze für Flüge mit Privatjets buchen, sogenannte Empty Legs. Der Hintergrund: Privatjets heben oft nicht mit Vollbesetzung ab und haben freie Plätze zur Verfügung. Das Start-up Jetsmarter aus Boca Raton (Florida) hat darin eine Marktlücke entdeckt und vertreibt die Restplätze via App.

Man registriert sich einfach per E-Mail und wählt einen verfügbaren Flug aus. Die Preise reichen von einem Dollar bis zu zwei Millionen Dollar. Ein Trip von Tokio auf die Komoren kostet in einer Falcon 900 351 Dollar. Luxus zu erschwinglichen Preisen.

Gegründet wurde Jetsmarter von dem russischstämmigen Geschäftsmann Sergey Petrossov. Im Studium an der University of Florida gründete er seine erste IT-Firma, die er gewinnbringend verkaufte. Mit dem Erlös gönnte er sich einigen Luxus, unter anderem charterte er mit Freunden einen Privatjet. Nur die Bürokratie störte ihn. Man brauchte einen Vermittler und musste zig Papiere unterzeichnen. Irgendwo auf den edlen Ledersitzen muss wohl die Idee entstanden sein, daraus ein Geschäftsmodell zu entwickeln: eine Art Uber für Flugzeuge.

Zahlreiche Annehmlichkeiten

Der erst 26-jährige Gründer mit dem schüchternen Lächeln hat sein Unternehmen in eine Nische gerammt. Mittlerweile zählt Jetsmarter über 300.000 Nutzer. Aus gut 3000 Flugzeugen kann der Kunde derzeit 2450 Empty Legs buchen. Das Unternehmen visiert primär die Luxusklasse an – aber nicht ausschließlich. Ein Charterflug von Paris nach London mit einem Viersitzer einer Citation Mustang (auch Cessna 510) kostet zwischen 564 und 627 britische Pfund. Wohlgemerkt für das ganze Flugzeug. Pro Person ist der Preis günstiger als für einen Businessclass-Flug mit British Airways oder Air France. Champagner und Kaffee gibt es natürlich inklusive.

Das Fliegen mit Privatjets geht mit zahlreichen Annehmlichkeiten einher. Man muss sich nicht durch die Schlange in der Sicherheitsschleuse quälen und stundenlang im Terminal warten. Es reicht, wenn man fünf Minuten vor Abflug eintrudelt. Die Passkontrolle erfolgt im Handumdrehen. Der Flug von London nach Paris mit einer Citation Mustang, den eine Reporterin der „Daily Mail“ getestet hat, startet in London Biggin und landet in Le Bourget – beide Flughäfen liegen näher am Stadtzentrum als Heathrow respektive Roissy.

Auch für Vielflieger wie den Galeristen Aaron Smart lohnt sich die App. Wer bereit ist, für eine Mitgliedschaft einen Jahresbeitrag von rund 7000 Dollar zu bezahlen, kann Restplätze in Privatjets für den symbolischen Preis von einem Dollar buchen. „Ich habe Fort Lauderdale nach Teterboro, einen Landeplatz in New Jersey, umsonst bekommen“, sagte Smart der „New York Times“. „Es spart Zeit. Man parkt umsonst, steigt ins Flugzeug und startet.“ Als kleines Schmankerl bekommen Premium-Mitglieder Vergünstigungen für VIP-Events wie den Oscar. Schnell zur Preisverleihung nach LA? Mit der App kein Problem.

Das Angebot ist eine klassische Win-win-Situation. Laut Petrossov fliegen 30 Prozent der Privatjets leer. Jetsmarter füllt diese Plätze – und verschafft Privatjet-Betreibern neuen Umsatz. Im Oktober letzten Jahres ging Jetsmarter eine Kooperation mit Globe Air ein, einem der führenden Privatjet-Unternehmen in Europa. Auch in Zürich wurde kürzlich eine Dependance eröffnet. Das Start-up wies 2014 einen Umsatz von 40 Millionen Dollar aus.

Der Erfolg des Start-ups drückt auf die Margen der Airlines, deren First- und Businessclass-Segment seit der Finanzkrise ohnehin schon geschrumpft ist. Kunden wie Aaron Smart buchen längst nicht mehr First oder Business Class, sondern Privatjets auf dem Smartphone. Neben Jetsmarter bieten auch noch andere Apps wie Blackjet und Surf Air Restkontingente für Privatjets an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.