Ost- und Südtirol: Auf schmalen Latten durch die Dolomiten

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Manchmal kommt es vor, dass etwas Spaß macht und trotzdem gesund ist. So wie die Reise in der Loipe von Osttirol in die Doiten mit Gepäckservice und gastronomischen Stationen der italienischen Art.

Diese Tour ist eigentlich überfällig. Heutzutage laufen die Leute zu Fuß durch die Alpen bis Venedig, radeln quer durch Europa und fliegen mit Gleitschirmen Hunderte von Kilometern. Aber eine Reise mit Langlaufskiern in der Loipe? Die Reaktion ist meist ein ungläubiges, manchmal auch neugieriges Gesicht. Mit Langlaufskiern? Da läuft man doch entweder fünfmal im Kreis oder einmal hin und wieder zurück. Die vermeintliche Monotonie des Langläufers ist ein Klischee, das es zu widerlegen gilt. Und dafür gibt es Trans Dolomiti.

Die Idee, Menschen auf den schmalen Langlauflatten auf Reisen zu schicken, wurde im Hochpustertal geboren, das sich Osttiroler und Südtiroler teilen und wo es reichlich Langlaufkompetenz gibt. Die Osttiroler haben Obertilliach, das schneesichere Bergdorf mit der 60 km langen Grenzlandloipe und dem modernen Biathlonzentrum. Und sie haben noch Ole Einar Björndalen. Der sechsfache Biathlon-Olympia-Sieger hat sein Trainingslager im Lesachtal und residiert seit Jahren in Untertilliach.

Drüben bei den Südtirolern haben sie Toblach mit dem Langlaufzentrum und den Ole hatten sie auch einige Jahre, als er dort mit einer Hotelierstochter verheiratet war. Die Trans Dolomiti ist eine organisierte Tour von Osttirol durch die Dolomiten bis Toblach und weiter nach Cortina d'Ampezzo. Vier Tage in der Loipe von Ort zu Ort, von Hotel zu Hotel mit Gepäcktransport und Transfer zu Preisen ab 339 Euro inklusive Halbpension. „Das wird kein Rennen, sondern eine gemütliche Tour“, verspricht Guide Eugenio Rizzo aus Toblach, der Langlauflehrer ist, aber die in dieser Profession übliche asketische Erscheinung vermissen lässt. Er mag auch gutes Essen, wovon wir uns später selbst überzeugen können. Der erste Tag gehört der Grenzlandloipe rund um Obertilliach, die mit etlichen kernigen Anstiegen und Abfahrten keine Langeweile aufkommen lässt.

Am zweiten Tag starten wir Richtung Sillian. Zwischen der Grenzlandloipe bei Kartitsch und Sillian gibt es keine Loipenverbindung, weshalb wir den Bus nehmen. Gut so, denn die steilen Hänge runter nach Sillian mit gut 250 Metern Höhenunterschied wären kein Revier für wenig geübte Langläufer wie uns. Der Loipeneinstieg in Sillian ist nur einen Steinwurf vom Zentrum entfernt. Zunächst geht es brettleben neben der Bahn Richtung Westen. Im Vergleich zu den Loipen bei Obertilliach ist der Weg nach Südtirol über die Grenze nach Vierschach und Innichen ein Spaziergang. Die Aussichten sind nicht so postkartenmäßig wie tags davor.

Etwas freundlicher wird das Bild bei Vierschach, wo wir vor der Talstation des Skigebiets am Helm die Straßenseite wechseln und dann über ein weites offenes Feld bis Innichen laufen, wo uns der stattliche Kirchturm als Orientierung dient. Ein Cappuccino im Zentrum von Innichen, dann macht uns Eugenio mit seinem Plan vertraut. Ein Abstecher nach Süden bis Sexten und dann die Loipe hinein ins Fischleintal Richtung Drei Zinnen. Für uns klingt das ziemlich hochalpin und schürt leichte Ängste, was den Wegverlauf angeht. „Kein Problem“, sagt Eugenio, „wir nehmen den Skibus bis Sexten und laufen das schöne letzte Stück.“

Das beginnt im Ortsteil Moos und führt hinein in das idyllische Tal, das vor lauter endlos hohen senkrechten Felswänden im Winter kaum Sonne hat. Die Loipe meint es gut mit uns und führt ständig leicht bergauf, sodass auch wirklich keiner frieren muss. Der Abstecher hat dann einen ganz konkreten Grund und der heißt Sextner Schwarzbrotnudeln mit Ziegenkäse. Diese Spezialitäten der Talschlusshütte lässt sich Eugenio stets servieren, wenn er hier unterwegs ist. Keine schlechte Wahl. Auf dem Weg zurück nach Innichen schätzen wir es, dass die Route überwiegend leicht bergab führt, was halbwegs mit unseren gut gefüllten Mägen konveniert. Ein Espresso in der nostalgischen Bar des Hotels Sole Paradiso kurz vor Innichen, dann geht die Langlaufreise weiter nach Toblach. Der Rest des Tages gehört bewegungsarmen Wellnessangeboten und einem gut bestückten Menü.

Erster-Weltkrieg-Bunker

Für den dritten Tag verspricht uns Eugenio die Höhepunkte dieser Tour: von Toblach südwärts durch das Höhlensteintal nach Cortina. Die ersten 16 km gleiten wir sanft bergauf, die zweite Hälfte führt bergab bis Cortina d'Ampezzo. Eugenio kennt sein Revier natürlich und hat den Tagesablauf auf italienische Art geplant. Genau dort, wo der Bergaufabschnitt endet, am höchsten Punkt der Strecke also, wartet unser Mittagessen.

Vorher kämpfen wir uns allerdings noch durch das Tal, kehren auf einen Espresso im Gasthaus Drei Zinnen Blick ein, wo man einen guten Blick auf die berühmten Gipfel hat und wo uns Eugenio einige Bunker aus dem Ersten Weltkrieg zeigt. Fünf Kilometer und runde 150 Höhenmeter trennen uns noch vom Mittagessen. Vor uns baut sich die mächtige Felswand des Monte Cristallo auf. Auf der rechten Seite ragt der Strudelkopf in die Höhe. Die Gedanken verlieren sich im immer wiederkehrenden Ablauf von Schritten, Stockeinsätzen und heftigem Aus- und Einatmen.

Und irgendwann taucht vor uns die kleine alte Holzhütte auf, die gar nicht so kärglich ist, wie sie auf den ersten Blick wirkt. Zwei hölzerne Stufen und eine Tür, dann steht man in dem winzigen Gastraum von Cima Banche. Nilo Snaider, der Wirt, kommt an den Tisch, erzählt ein paar Geschichten zu den alten Schwarz-Weiß-Fotos an der Wand. Früher stand hier ein Luxushotel, das aber nach dem Ersten Weltkrieg wie einige andere Nobelherbergen in der Gegend verfallen ist. Den Luxustourismus haben sie heute drüben in Cortina d'Ampezzo, wenn auch dort nicht mehr mit dem Glanz früherer Tage. Unser Luxus erscheint in Form gut gefüllter Teller mit Tagliatelle mit Steinpilzen und Papardelle mit Hirschragout.

Danach lassen wir die Ski sanft bergab laufen und gleiten vorbei am Monte Cristallo, genießen den Blick rechts auf die Felswände der Tofana und landen entspannt am nördlichen Rand des italienischen Nobelortes. Bald danach spuckt die Espressomaschine an der Hotelbar die ersten Cappuccini in die Tassen. Auch wenn Cortina das Ziel unserer Reise ist, warten noch reizvolle Loipen. Der Tre-Croci-Pass auf rund 1800 m direkt über Cortina ist ein Geheimtipp mit abwechslungsreichen Strecken und erstklassigen Schneeverhältnissen. Der einzige Mensch, dem wir hier begegnen, ist Elio Valleferro aus Cortina. Der drahtige Achtzigjährige betreut die Loipen am Tre Croci und ist immer noch begeisterter Langläufer. „Am Wochenende sind hier schon einige Leute unterwegs, aber sonst gehen sie alle unten im Tal ins Langlaufzentrum“, sagt Elio.

Mittags wechseln wir hinüber zum Misurinasee, wo ein italienisches Mittagessen und gemütliche flache Loipen warten, bevor uns der Bus wieder zurück nach Obertilliach bringt. Gelernt haben wir auf dieser Tour vor allem eines: Langlaufen kann ziemlich viel Spaß machen. Und lässt sich auch gut mit italienischer Küche kombinieren.

SPUREN UND EINKEHREN

dolomitinordicski.comSchlafen: Hotel Weiler, Obertilliach.

Historisches Dreisternehaus nahe den Loipen. hotel-weiler.at

Hotel Santer,Toblach. Romantikhotel mit vier Sternen direkt bei den Loipen und bei der Nordic Arena. hotel-santer.com

Einkehren:Talschlusshütte Sexten: neu gebaute Hütte im Fischleintal an der Loipe mit guter Südtiroler Küche.

talschlusshuette.com

Rifugio Ospitale, Cortina.

Historisches Ristorante an der Loipe Richtung Cortina, großartige italienische Küche. Gästezimmer. ristoranteospitale.comext.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2015)

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