Schlachtenbummeln nach Waterloo

ITB Berlin Deu Deutschland Germany Berlin 06 03 2015 Besucher und Haendler an einem Stand von En
ITB Berlin Deu Deutschland Germany Berlin 06 03 2015 Besucher und Haendler an einem Stand von En(c) imago/IPON (imago stock&people)
  • Drucken

ITB-Nachlese. Auf den Spuren Napoleons durch die Wallonie, wieder im Roten Meer tauchen, durch die mongolische Steppe reiten oder im kleinsten Hotel der Welt schlafen: Trends und Highlights der größten Reisemesse der Welt.

Diesmal brach die Internationale Tourismusbörse Berlin mit 175.000 Besuchern alle Rekorde. 10.096 Aussteller aus 186 Ländern, verteilt auf 26 Hallen, hatten neben viel Bewährtem auch eine Menge Neues für das Reisejahr 2015/16 im Gepäck. „Die Branche ist sehr positiv gestimmt“, sagte Michael Hofer, Unternehmenssprecher der Messe. „Die Urlauber geben mehr Geld aus, auch und gerade im Luxussegment. Trotz der vielen Krisen herrscht Aufbruchsstimmung in der Branche.“

Partnerland war diesmal die Mongolei. „Wir sind wieder da, aber in friedlicher Absicht“, scherzte Staatspräsident Tsakhia Elbegdorj. Bereits seit 2013 ermöglicht der zweitgrößte Binnenstaat der Welt die visafreie Einreise. Die Mischung macht den Reiz des Landes aus: Hier die moderne Architektur in Ulan Bator, dort die endlose Weite und intakte Natur der Steppe.

So weit braucht aber niemand zu reisen. Offroad geht es auch durch Griechenland, das sich touristisch bereits im Vorjahr erholt hat, und zwar mit den neuesten Landrover-Modellen. Landrover Experience zeigt Routen, die selbst Einheimische kaum kennen. Sie führen zu einsamen Stränden und zu einer kretischen Familie in den Bergen. „Ich freue mich, dass wir auf der ITB viele Vorurteile entkräften können“, sagte Generalkonsul Grigoris Dalevekouras. Etwas erholt hat sich auch Ägypten. Doch noch immer sind Reisen ans Rote Meer, nach Luxor, Assuan und auf dem Nil sehr günstig. Ein Schock traf die Branche jedoch am Donnerstag: Einen Tag nach seiner Pressekonferenz verlor der engagierte Botschafter seines Landes, Tourismusminister Hisham Zaazou, mit sieben anderen Ministern sein Amt.

Schwierigkeiten hat aktuell auch Indien. Berichte über gewalttätige Übergriffe auf Frauen machen sich deutlich mit geringeren Besucherzahlen bemerkbar. Andreas Heitmann, deutscher Inhaber des Ayurveda-Resorts Thapovan Heritage Home in Kerala: „Dabei gab es in ganz Südindien noch keinen einzigen Vorfall.“ Im ganzen Land wurden inzwischen die Sicherheitsvorkehrungen durch verstärkten Einsatz der Touristenpolizei erhöht und eine Hotline unter der inländischen Nummer 1363 eingerichtet.

„Oh (weia) Kanada“

Auf Nummer sicher reist man hingegen in Kanada. Schauspielerin Katharina Jacob, die acht Monate im Jahr die „entschleunigte Atmosphäre“ dort genießt: „Nimm dir mindestens zwei Wochen Zeit, sonst hast du das Land nicht gesehen.“ Über ihre Erfahrungen in der Heimat berichtet sie in ihrem Buch „Oh (weia) Kanada“. Der gegenüber dem US-Dollar schwächelnde Euro macht Trips in die USA zwar etwas teurer, dafür stricken viele US-Anbieter aber Spezialarrangements. In New York etwa sind im City Pass für 114 US-Dollar sechs berühmte Sehenswürdigkeiten eingeschlossen, darunter das 9/11 Memorial and Museum. Hohe Zuwächse verzeichnet Dertour für Nordamerika und die Karibik. Viele Gäste möchten Kuba noch in Fidel-Castro-Atmosphäre erleben. Stilecht wäre bei der Rewe-Baustein-Marke die achttägige Rundreise „Oldtimer – back to the 50ies – West-Kuba“ mit persönlichem Fahrer, Übernachtung, Verpflegung und Flug ab/bis Wien ab 2365 Euro. Neu im Dertour-Programm ist auch die achttägige Busreise ab/bis Catania „Legende und Gegenwart – auf den Spuren der Cosa Nostra“. Natürlich in Sizilien, Preis mit Übernachtung/Halbpension ab/bis Catania ab 899 Euro.

Schweres Geschütz wird von Belgien für die 200-Jahre-Feier der Schlacht bei Waterloo aufgefahren. Von 18. bis 21. Juni werden 5000 Soldaten, 1500 Begleiter, 250 Zivilisten in historischen Kostümen und 300 Pferde Napoleons Feldzug nachstellen. Auf der „Route Napoleon in der Wallonie“ kann man den Spuren des Kaisers bis zu dem Ort folgen, wo er an den Truppen von Wellington und Blücher scheiterte.

Doch das Gute liegt auch nah, etwa am Bodensee. Alles aus einer Hand erhält der Besucher der Bregenzer Festspiele (22. Juli bis 23.August) bei Dertour. Der Veranstalter vermittelt Hotel und Eintrittskarten. „Da wir in unseren Vertragshotels über eigene Kontingente verfügen, die wir meist ein Jahr im Voraus sichern, können wir es oft günstiger anbieten“, sagte Geschäftsführer Berhard Begher. „Außerdem ist die Buchung über uns häufig auch dann noch möglich, wenn bei einer Direktanfrage keine Zimmer mehr zu haben sind.“ So kostet die Übernachtung mit Frühstück im Vier-Sterne-Hotel Martinspark in Dornbirn inkl. Seekarte 2. Kategorie mit vorheriger Kulissenführung 245 Euro.

Eines der Standbeine von Dertour sind Städtereisen, etwa nach Hamburg. Spontan hatte die Hansestadt auf der ITB einen Flashmob organisiert, um mit „Feuer & Flamme“ für sich als Austragungsort der Olympischen Spiele 2024 zu werben. „1,2 Milliarden werden in den Kultursektor investiert“, sagte Hamburg-Tourismus-Chef Dietrich von Albedyll. „Und mit der Aida Prima wird Hamburg ab 2016 zum Ganzjahres-Kreuzfahrthafen.“ Zwölf Millionen Übernachtungen konnte Hamburg 2014 verbuchen. „Wir müssen unbedingt die Kapazität von derzeit 57.000 Betten auf 120.000 aufstocken“, zwölf Hotels im Vier- bis Fünf-Sterne-Bereich sollen in der nächsten Zeit dazukommen.“

Hotels der Superlative liegen stark im Trend. Etwa der prächtige Falaknuma Palace im indischen Hyderabad, der jetzt von der Taj-Hotelgruppe gemanagt wird, oder das neue Mandarin Oriental in Marrakesch. Das Kontrastprogramm wäre das kleinste Hotel der Welt: der Bboxx Hoteltower, buchbar über Qbe Mobile Hotels. In dem als fliegender Bau zugelassenen, dreistöckigen Turm mit privater Dachterrasse können zwei Personen bequem übernachten, eine Aufbettung für zwei Kinder ist möglich. Dieses unkomplizierte Wohnerlebnis ist bis dato nur in Berlin möglich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.