Koh Rong, das nächste Koh Samui

CAMBODIA PICTURE PACKAGE NEW 7 WONDERS
CAMBODIA PICTURE PACKAGE NEW 7 WONDERS(c) EPA
  • Drucken

Kambodscha. Vor 40 Jahren begann die Schreckensherrschaft der Roten Khmer. Heute träumt das Land von einer goldenen Zukunft als Touristenziel.

Der goldgewandete Buddha lächelt. Ehrfürchtig legt Syden Won die Handflächen zusammen und neigt den Kopf zum Gebet. Zu Füßen der Statue haben Gläubige am frühen Morgen Bananen und Litschis niedergelegt. Der schwere Duft von Räucherstäbchen steigt zum Erleuchteten auf. Noch ist es still. Doch in wenigen Minuten werden die ersten Besucher der Tempelanlage kommen. Dann gehört das ewige Lächeln des Buddha wieder den Touristen aus aller Welt.
Als Syden das erste Mal hier im zentralen Tempel von Angkor Wat betete, war er als junger Mönch bereits vom Leben gezeichnet. Die Roten Khmer hatten seinen Vater, seinen älteren Bruder und seine Großeltern ermordet und ihn mit 14 Jahren zum Soldaten gemacht. „Meine Kindheit spielte auf einem Schlachtfeld. Es war eine schreckliche Zeit“, sagt der 36-Jährige aus einem Dorf bei Siem Reap.
Am 17. April 1975 begann mit der Einnahme der Hauptstadt Phnom Penh die Schreckensherrschaft der Roten Khmer. Künstler, Musiker, Intellektuelle, Mönche, Ärzte und Lehrer wurden als Feinde der Revolution verfolgt und ermordet. Die Bewohner von Phnom Penh und aller anderen Städte wurden zur Zwangsarbeit aufs Land verschleppt. Mehr als 1,7 Millionen Menschen, etwa ein Viertel der Bevölkerung, kamen in nur vier Jahren durch Vertreibung, Exekutionen, Hungersnöte, Entkräftung und Seuchen ums Leben. 1979 wurde das Regime der Roten Khmer von vietnamesischen Truppen beendet. Erst 30 Jahre später kam es zu ersten Prozessen gegen das Terrorregime.

Weltgrößtes sakrales Areal

Vor dem Grauen war auch Angkor nicht verschont geblieben. In den Ruinen suchten Flüchtlinge Zuflucht, unzählige Minen machten noch lang nach den 1970er-Jahren das Areal schwer zugänglich. Heute gehören die Tempel von Angkor zu den meistbesuchten Attraktionen Südostasiens. Nach seiner Zeit als Kindersoldat und Mönch lernte Syden Englisch und führt heute Touristen durch Angkor, den größten sakralen Baukomplex der Welt. „Wenn man all die Touristen hier sieht, kann man kaum noch erahnen, was damals geschah“, sagt Syden und lächelt. „Kambodscha schaut nach vorn.“ Viele Kambodschaner wollen die Schatten der Vergangenheit hinter sich lassen. Im Fernsehen und den Schulbüchern des Landes sind die Verbrechen der Roten Khmer noch immer kaum Thema.
„Wir haben hier alles, um ein zweites Thailand zu werden“, sagt Syden. Mit seinem kulturellen Erbe, der üppigen Vegetation und den unberührten Inseln ist Kambodscha kein touristischer Geheimtipp mehr. Dennoch gibt es noch Gegenden, die kaum besucht werden. Der Kampong-Som-Archipel, etwa 20 Kilometer von der Hafenstadt Sihanoukville entfernt, mag langjährige Thailand-Urlauber an Koh Samui in den Siebzigern erinnern. Auf einigen der Inseln von Kampong Som kann man heute noch Robinson spielen. Die Korallenriffe haben Taucher meist für sich allein. Wer Glück hat, kann Meeresschildkröten und sogar Walhaie beobachten. Über der dicht bewaldeten Hauptinsel Koh Rong kreisen Weißbauchseeadler, Langschwanzmakaken turnen in den Baumkronen am Ufer.

Entvölkerter Archipel

Die Roten Khmer haben die Bewohner der Inseln als Zwangsarbeiter aufs Festland verschleppt. Der ganze Archipel wurde entvölkert. „Von der damaligen Bevölkerung lebt niemand mehr hier“, sagt der alte Fischer Nuk Phoun aus dem Dorf Prek Svay. In den 1980er-Jahren kamen zunächst drei Familien vom Festland. „Die Fischgründe lockten sie“, sagt Phoun. Sie begannen die Dörfer wieder aufzubauen und den Wald zu roden.
„Es ist nicht alles so unberührt, wie es auf den ersten Blick aussieht“, sagt Phalla Leng. Die junge Umweltbiologin ist schon frühmorgens mit dem Boot unterwegs, um verschiedene Fischerdörfer zu besuchen. Sie erforscht die Auswirkungen der Fischerei um Koh Rong und die Nachbarinseln. „Überfischung ist heute ein großes Problem“, sagt Leng, „erst wurden die Krabbenbestände dezimiert, jetzt sind die Kalmare dran.“ Im Fischerdorf Sok San säumen Kokospalmen und auf Stelzen gebaute Hütten einen blendend weißen Sandstrand. Türkis gestrichene Boote dümpeln in der Morgensonne. Hinter dem Dorf zieht sich Urwald die Berghänge hinauf. Im Gemeinschaftshaus erklärt Leng den Familien mit farbigen Schautafeln die Bedeutung des Naturschutzes für die Inseln. „Es mangelt hier vor allem an gesundheitlicher Aufklärung und einem Verständnis für Nachhaltigkeit“, sagt Leng. „Wir hoffen, mehr Umweltbewusstsein schaffen zu können.“

Die letzten zwei Seekühe

Nach ihrem Vortrag trifft sich Leng mit den Fischern des Dorfes auf dem Hauptsteg, der weit in den Ozean hinausragt. „Es sind immer weniger Fische in den Netzen“, sagt einer. „Die Thailänder und Vietnamesen räumen das Meer leer und zerstören die Riffe. Für uns bleibt kaum etwas zurück.“ Wie überall im Golf von Thailand ist die Artenvielfalt auch hier stark bedroht. „Die letzten zwei Seekühe sind vor Jahren im Schleppnetz von illegalen vietnamesischen Fischern verendet“, sagt der Fischer. Lengs Boot schippert um den Südzipfel von Koh Rong. In der Bucht dahinter liegt der größte Ort der Insel. Entlang des Sandstrands reihen sich Fischerhütten und Gästebungalows aneinander. Hinter dem Bootssteg ist der Hang gerodet, um Platz zu schaffen für neue Unterkünfte. „Bis vor Kurzem war Koh Touch ein verschlafener Fischerort“, sagt Leng. „Inzwischen kommen immer mehr Touristen.“ In der Hauptsaison feiern Backpacker Partys am Strand. Manche Bewohner klagen schon über den Lärm und den Müll. Im Norden von Koh Rong hat ein Luxus-Resort auf den kleinen vorgelagerten Zwillingsinseln von Song Saa eröffnet, die erste High-End-Privatinsel Kambodschas. Von den Überwasser-Bungalows blicken die Gäste mit Champagnergläsern in den Händen über den Infinity Pool aufs glitzernde Meer. Kampong Som wird in Zukunft immer weniger Platz für Robinsons haben. „In kleiner Zahl sind die Touristen gut“, sagen die Fischer von Sok San, „solang man sie unter Kontrolle hat.“ Noch ist ihre Insel ein abgeschiedener Flecken Dschungelgrün im Türkisblau des Golfs von Thailand. Sie werden nicht allein darüber entscheiden, ob Koh Rong das nächste Koh Samui wird.

ROBINSONADEN AUF KAMBODSCHANISCHEN INSELN

Hin und retour
Ab Wien mit Austrian nonstop nach Bangkok, von dort mit Bangkok Airways nach Siem Reap. Zwischen Siem Reap und Sihanoukville verkehren Busse und die regionale Fluglinie Cambodia Angkor Air. cambodiaangkorair.com; austrian.com; bangkokair.com

Unterkünfte
Das Navutu Dreams, etwas außerhalb vom hektischen Zentrum Siem Reaps ist eine ideale Ausgangsbasis für Entdeckungstouren nach Angkor und hat eine exzellente Küche. +855/639 648 64, reservations@navutudreams.com; navutudreams.com
Song Saa: Die Privatinsel ist vornehmste Adresse im Kampong-Som-Archipel und bietet ihren Gästen ein abwechslungsreiches Aktivitäten- und Ausflugsprogramm. Song Saa Private Island; +855/236 860 360, reservations@songsaa.com; songsaa.com

Kambodscha pauschal
U. a. mit studienreisen.at, arr.at, dertour.at, georeisen.com, ikarus-dodo.at, jumbo.at, kneissltouristik.at, meiers-weltreisen.at, mondial-reisen.com, tui.at, windrose.at. Als langjähriger Südostasien-Spezialist stellt Trauminsel Reisen individuelle Touren in Kambodscha zusammen: trauminselreisen.de

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.