Basel leuchtet: Gauguin, Kunstmesse und Tinguely

Basel
Basel(c) Wikipedia - Christian Tscharner
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Schweiz I. Die Stadt im Dreiländereck, in der Kunst so groß geschrieben wird wie nirgendwo sonst, ist selbst ein Kunstwerk.

Trotz der Aufwertung des Schweizer Franken verspricht sich Basel einen gehörigen Besucherstrom, denn nach einer scheinbar unendlichen Vorbereitungszeit von sage und schreibe sechs Jahren ist es der Fondation Beyeler im Februar gelungen, eine sensationelle Ausstellung zu eröffnen: mit rund 50 der berühmtesten Meisterwerke des französischen Malers Paul Gauguin (1848 bis 1903), eines der großen Wegbereiter der modernen Malerei.

Wer kennt nicht die kraftvollen farbenfrohen Bilder aus Französisch Polynesien, die ein Paradies vorgaukeln, das es auch schon damals, zu Lebenszeiten des Künstlers, so nicht mehr gab. Die wertvollen Leihgaben wurden aus 13Ländern zusammengetragen. Allein die Versicherungssumme von 2,5 Milliarden sprengt jeden bisherigen Rahmen. Eine Ausstellung der Arbeiten von Gauguin in dieser Größenordnung wird es wohl nicht mehr geben.

„Wann heiratest Du?“

Mit dem Bild „Nafea faa ipoipo“, „Wann heiratest Du?“, das als Leihgabe im Basler Kunstmuseum hing, hat die Familie Staechelin auf einer Versteigerung 300 Millionen Dollar erzielt – damit ist das Werk eines der teuersten Bilder der Welt. Noch kann es in der Fondation Beyeler unter den vielen anderen bewundert werden, bevor es endgültig nach Katar auswandert. Die Herrscherdynastie Al Thani hatte schon vor drei Jahren „Die Kartenspieler“ von Paul Cézanne für 250 Millionen Dollar erworben. Gauguin hätte ein Bruchteil des Geldes gutgetan. Kuratorin Anna Czech, eine gebürtige St.Petersburgerin, gebraucht ein wenig schmeichelhaftes Wort für den Franzosen, der seiner Malerei zuliebe Frau und fünf Kinder mittellos zurückließ. „... im Übrigen muss der Künstler frei sein, oder er ist kein Künstler“, hatte Gauguin gesagt.

Gauguins erste gute Bilder

Museumsdirektor Sam Keller bemerkt dazu: „Kaum ein Künstler ging weiter in seiner Suche nach individueller und künstlerischer Freiheit als Paul Gauguin.“ Er war kein einfacher Mensch. Seine Zusammenarbeit mit van Gogh endete in einem Streit, bei dem sich Letzterer mit einem Messer am Ohr verletzte. Seine Freiheit suchte Gauguin anfangs in der kargen Landschaft der Bretagne, wo seine ersten guten Bilder entstanden, mit klaren Linien und ungewöhnlichen Farben.

„Meister des Symbolismus“ nennt ihn Anna während einer Führung. In der Südsee entstanden die Bilder, für die er später berühmt wurde – Bilder, die die damals schon weitgehend verschwundene Kunst der Südsee wieder lebendig werden lassen. In paradiesischen, strahlend leuchtenden Landschaften erscheinen sinnliche Frauengestalten, oft von symbolhaften Tieren begleitet.

Obwohl er die Fotografie verachtete, nutzte er sie oft als Vorlage. Neben Gemälden präsentiert die Ausstellung auch eine Auswahl rätselhafter Skulpturen Gauguins. Am 8.Mai 1903 starb Gauguin 54-jährig in einer Hütte auf den Marquesas-Inseln – einsam, krank und mittellos. Noch bis 28. Juni ist die Schau in der Fondation Beyeler in Riehen, einem Vorort von Basel, zu bewundern. Das ultramoderne, vom italienischen Stararchitekten Renzo Piano entworfene Gebäude für das Sammlerpaar Hilda und Ernst Beyeler ist für sein Aussehen, vor allem aber für seine aufsehenerregenden Ausstellungen berühmt.

Basel-Besucher sind meist kunst- und kulturhistorisch interessierte Menschen und nehmen sich für ihre Visite meist mehr als einen Tag Zeit – immerhin ist die Stadt am Rheinknie die unangefochtene Kulturhauptstadt der Schweiz. Basel muss man wie ein Kunstwerk begreifen und sich seine Schönheit erarbeiten. Im Einflussgebiet dreier Länder – Frankreichs, Deutschlands und der Schweiz – gelegen, blickt die Stadt auf 2000 Jahre Geschichte zurück. Sie war einst Hochburg des Humanismus und verfügt über die älteste Universität der Eidgenossenschaft, die mit illustren Persönlichkeiten wie Erasmus von Rotterdam, dem Arzt Paracelsus, dem Mathematiker Jakob Bernoulli sowie den Philosophen Friedrich Nietzsche und Karl Jaspers aufwarten kann. Alte Basler Familien nennt man „den Teig“.

Tinguely-Brunnen

Die mittelalterliche Altstadt erstreckt sich entlang der südlichen Uferböschung des Rheins. In ihren schmalen Gässchen und idyllischen Hinterhöfen hat man oft das Gefühl, in die Vergangenheit zu tauchen. Im Imberggässlein, sagen die Basler, sollte man die Ohren anlegen, sonst schließt man alle Läden. Zahlreiche Brunnen spenden reines Trinkwasser. Eine Hauptattraktion ist mittlerweile der Tinguely-Brunnen vor der Elisabethenkirche, der im Sommer lustig plätschernd unablässig Wasser schaufelt und spuckt und sich im Winter in zauberhafte Eisskulpturen verwandelt. Touristen und Basler nutzen ihn als Treffpunkt, zentral gelegen, ist er auch der beste Ausgangspunkt für einen Rundgang.

Münster und Rathaus

Hauptattraktion der Altstadt sind das romanisch-gotische Münster und das rote Rathaus mit seinen Fresken am Marktplatz, auf dem am Vormittag Händler Obst, Gemüse und Blumen verkaufen. Der Rhein teilt Basel in zwei Hälften, oder besser gesagt: Er verbindet die beiden Teile der Stadt miteinander.

Groß- und Kleinbasel sind aber nicht nur über Brücken zu erreichen. Vier Fähren – aus der Ferne sehen sie aus wie asiatische Transportboote – haben selbst im Winter Betrieb. Einfach nur die Glocke läuten wie in alten Zeiten, und der Fährmann kommt. Das „Färikartli“ für „Erwagseni“ kostet 1,60 Franken. Die Namen der Boote sind Ueli, Vogel Gryff, Leu und Wild Maa. Lautlos und nur durch die Strömung angetrieben erreicht man das gegenüberliegende Ufer.

An Sommertagen tummeln sich tausende Baseler an den begehbaren Teilen der Rheinufer, viele wagen sich auch, etwa im Rheinbad St. Johann oder im Rheinbadhysli Breiti in die grünen Fluten. Auf der anderen Rheinseite dominiert der mächtige, 31 Stockwerke hohe Messeturm das Stadtbild, das zweithöchste bewohnte Gebäude der Schweiz, das 2003 fertiggestellt wurde. Das jüngste Wahrzeichen der Stadt ist aber der für die Messe entwickelte Hallenkomplex, die City Lounge. Dieser überdachte öffentliche Raum ist nicht nur der Eingang zu den Messen, sondern auch ein Begegnungsort für Einheimische und Gäste. Im Messegelände findet alljährlich die weltweit wichtigste Kunstmesse statt, die Art Basel. (18.6.–21.6.2015). 300 führende Galerien aus der ganzen Welt stellen zeitgenössische Werke aus, Gemälde, Skulpturen, Installationen, Videos, Multiples, Drucke, Fotografie und Performance von etwa 4000 Künstlern.

„Scheißdreckzügle“

Berühmt ist auch die Basler Fasnacht, die eine Woche nach Aschermittwoch mit dem „Morgenstraich“ beginnt: Die Pfeifer von einer sogenannten Clique gehen „gässeln“. Führen sie Flöten mit, handelt es sich um ein sogenanntes „Scheißdreckzügle“. Außer in der Fasnacht kann man ihre „Musik“ im Musikmuseum kennenlernen. Im Lohnhof, einem früheren Gefängnis, hat neben einem Hotel auch die größte Musikinstrumentensammlung der Schweiz einen Platz gefunden. In den einstigen Zellen sind Instrumente aus fünf Jahrhunderten gruppiert, deren Klänge einzeln, aber auch in Musikstücken mithilfe eines Bildschirms elektronisch abrufbar sind. Die frühesten sind Tier- und Muschelhorn. Aus dem Besitz Beethovens gibt es eine Querflöte. Eine Kuriosität ist der Spazierstock, der eine Geige birgt. Die benachbarte Leonhardskapelle beherbergt den Kern einer Silbermannorgel. Mit insgesamt 40 Museen auf 37 Quadratkilometern liegt Basel an der Spitze aller Schweizer Städte: Das Historische Museum in der Barfüßerkirche, das Kunstmuseum (Neueröffnung April 2016), das Museum der Gegenwartskunst, das Tingeley-Museum, das Museum der Kulturen, das Instrumentenmuseum im Lohnhof, um nur einige zu nennen. Nicht zu vergessen: Das kleinste Museum Basels, in einer steilen Altstadtgasse gelegen – das Hoosesaggmuseum, das Stadtführerin Bea Tschopp auf dem Weg durch das ehemalige Gewürzviertel zeigt. Der Bewohnerin seien die neugierigen Blicke durch das Fenster der Haustür lästig gewesen. Jetzt verstellt sie das Fenster mit originellen kleinen Dingen und bietet anderen an, auch ihre Kleinteile dort zu präsentieren.

Obwohl auf deutschem Boden, nämlich in Weil am Rhein, gehört das Design-Museum Vitra mit zum Basler Museumsverbund. Es ist genau wie Riehen mit der Straßenbahn, noch besser aber per Bus zu erreichen. Nicht nur die große Sammlung an Designklassikern ist eine Offenbarung. Auf dem Gelände befinden sich das erste Gebäude von Frank O. Gehry in Europa und der erste Bau von Zaha Hadid überhaupt. Vor ein paar Tagen erst, am 19. Mai, wurde ein neuer Kunstweg zwischen Vitra und Fondation Beyeler eröffnet, den 24 Skulpturen des Künstlers Tobias Rehberger begleiten. An jeder Wegabzweigung sollen sie die Richtung weisen.

BASELER KUNST-ADRESSEN

Fondation Beyeler: Baselstrasse 77, täglich 10–18, Mi bis 20 Uhr.

Erwachsene CHF 28, Katalog 68 CHF

Online-Tickets: fondationbayeler.ch Tram Nr. 6; Große Gauguin-Ausstellung bis 28.6.2015.

Vitra Design-Museum: Charles-Earnes-Strasse 1, D-79578 Weil am Rhein. Das Museum ist in einem Gebäude des Architekten Frank Gehry untergebracht, Mo–So 10–18 Uhr, Bus Nr. 55 ab Claraplatz/Basel bis „Vitra“. Mobility Ticket gilt nur bis zur Grenze. design-museum.de

Museum für Gegenwartskunst:
Alban-Rheinweg 60, zeigt Werke zeitgenössischer Kunst aus den Beständen des Kunstmuseums Basel und der Emanuel-Hoffmann-Stiftung.

Öffnungszeiten: Mo–So 11–18 Uhr, Tram Nr. 2 bis Kunstmusuem, kunstmusembasel.ch

Museum Tinguely: Paul-Sacher-Anlage 1, Di–So 11–18 Uhr. tinguely.ch

Museum der Kulturen: Münsterplatz 20, Di–So 10–17 Uhr, jeden Mittwoch 10–20 Uhr. Größtes ethnologisches Museum der Schweiz.

Bis 27. 10.2019 „StrohGold – kulturelle Transformationen, sichtbar gemacht“. mkb.ch

Hoosesaggmuseum: Kleinstes Museum der Stadt mit monatlich wechselnden Ausstellungen, Imberggässlein 31. hoosesaggmuseum.ch

Pauschalangebote: Art & Design Special, Art Pass für 78 CHF pro Person, basel.com/de/pauschalen

48 STUNDEN IN BASEL, MINDESTENS

Anreise
Direktflüge
Wien–Basel–Wien mit Austrian ab ca. 280€, mit Swiss ab 340€. austrian.com; swiss.com
Der Flughafen ist nur zehn Autominuten von Basel entfernt, sehr gute Busverbindungen ins Zentrum.

Bahn:
Wien–Basel mit ICE in zehn Stunden, ÖBB, Schweizer Bundesbahnen (SBB). oebb.at; sbb.ch

Gut ausgebautes Bus- und Straßenbahnnetz innerhalb der Stadt und in die Vororte. Die Straßenbahnen fahren in sehr kurzen Abständen. Hotelgäste erhalten gratis ein Mobilty Ticket für die öffentlichen Verkehrsmittel.


Radisson BLU Hotel Basel:
In der Nähe des Theaters und des Bahnhofs SBB und gegenüber der Trambahnhaltestelle Heuwaage. Steientorstrasse 25,
radissonblu.com/hotel-basel

Grand Hotel Les Trois Rois*****:
Pauschalangebote mit Eintrittsticket für die Gauguin-Ausstellung und verschiedene Überraschungen für eine Peron pro Nacht ab CHF 328

Blumenrain 8,
lestroisrois.com


Hotel Der Teufelhof***S:
Kunsthotel mit von Künstlern gestalteten Zimmern, einem Theater mit wechselndem Programm und dem Gourmet-Restaurant Bel Etage, einer Weinstube und einem Weinladen – alles in fünf zusammengelegten Häusern in der Altstadt. Leonhardsgraben 47–49, teufelhof.com
Attraktive Pauschalarrangements:

Übernachtung in gewünschter Hotelkategorie; Mobility Ticket für die gesamte Aufenthaltsdauer,

inkl. Gasttaxe, Service und MwST.

Informationen unter
basel.com /angebote

Essen und Trinken

Restaurant Kunsthalle: Beliebter Basler Treffpunkt – gute Küche, interessante Wandgemälde, Fondue-Stübli. Steinenberg 7,
restaurant-kunsthalle.ch


Birseckerhof:
Schmackhafte frische italienische Küche, im gleichen Haus auch die Nuovo Bar.
Binningerstrasse 15,
birseckerhof.ch


Les Quatres Saisons:
18 Punkte im „Gault Millau“, marktfrische Küche mit Weinempfehlung, originelle Kochideen, sonntags geschlossen.

Clarastr. 43, 4058 Basel

esquatresaison.ch


Manger & Boire:
Jung, trendy und urban, Restaurant über zwei Etagen,

Küche mit mediterranem Einschlag,

Menüs ab 14 CHF. Gerbergasse 81 ,
mangerboire.ch

Währung: 1 CHF = 0,95659 EUR

Weitere Informationen
Basel Tourismus, Tourist & Hotel Information im Stadt-Casino am Barfüsserplatz, Steinenberg 14, +41/61/268 68 68, basel.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2015)

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