Wenn der Luster im Koffer landet

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Luster, Spannteppiche, Matratzen, Duschköpfe, Bademäntel und Kopfpolster: Was am häufigsten aus Hotelzimmern verschwindet, und wohin es dann reist.

Unter Puristen ist ja bereits die Mitnahme der kleinen Shampoofläschen umstritten. Während ganz strenge Reisende lediglich geöffnete Flascherln für moralisch vertretbar halten, räumt der entspanntere Souvenirjäger gern die gesamte Flaschenbatterie direkt nach der Ankunft in sein Necessaire, um am nächsten Tag auch sicher Nachschub zu bekommen.

Mit solchen Petitessen halten sich die Reisenden vieler Nationen gar nicht erst auf. Wie eine Umfrage von Hotel.com jetzt zeigt, sind auch die Bettwäsche und Handtücher keineswegs tabu. Wobei es grundsätzlich mitnahmefreudigere und bescheidenere Reisenationen zu geben scheint, so man den Zahlen Glauben schenkt. Über diebische Neigungen von Österreich sagt die Studie nichts aus, da die Alpenrepublik nicht zu den 28 Ländern gehörte, in denen 4700 Reisende befragt wurden.

Unter diesen haben sich vor allem die Argentinier geoutet, gern Souvenirs aus dem Hotelzimmer in den Koffer zu packen, gefolgt von Singapur, Spanien und Deutschland. Im Mittelfeld finden sich Irland, Russland, Mexico und Italien; die letzten Plätze auf der Top-Ten-Liste der Gratissouvenirjäger gehen an Japan und die USA. Zu den bescheidensten Reisenden gehören der Studie zufolge Kolumbianer, Norweger und Koreaner, aber auch unter thailändischen und indischen Gästen geben nur 43 Prozent zu, hin und wieder etwas mitgehen zu lassen.

Regenschirme, Bademäntel

Die Begehrlichkeiten sind je nach Nationalität anders gelagert: So stehen bei den Lieblingsnachbarn vor allem die Hotelschlapfen hoch im Kurs, gefolgt von Briefpapier, Bettwäsche und Handtüchern, Magazinen, Büchern, Regenschirmen und Bademänteln.

Damit unterscheidet der deutsche Hotelabräumer sich aber nur in der Reihenfolge von den anderen Nationen. Die Overall-Bestenliste sieht nämlich das Briefpapier auf Platz eins, gefolgt von Schlapfen, Zimmerschlüsseln, Magazinen und Büchern sowie Bettwäsche und Handtüchern. Zu den kuriosesten Dingen, die ihren Weg in den Koffer eines (deutschen) Hotelgasts gefunden haben, gehört in dieser Umfrage eine Jalousie.

Verglichen mit den Dingen, die sonst so in der Welt der Hotellerie als vermisst gemeldet werden, war diese aber eine eher lässliche Sünde. Laut einer Umfrage des Portals lastminute.com, die der britische „Telegraph“ kürzlich veröffentlicht hat, verschwinden nämlich noch ganz andere Kaliber. So reiste im berühmten Shangri-La in Hongkong ein ganzer Kronleuchter mit dem Gast ab. Auch die aufwendigen Blumensträuße in den Suiten verlassen hin und wieder mit deren Kurzzeitbewohnern das Haus. In einem Hotel in Berlin fehlten nach der Abreise eines Gasts die Monsunduschköpfe, in Dubai eine komplette Minibar. In Las Vegas musste ein ganzer Spannteppich als Verlust gemeldet werden, in Madrid eine Matratze, und in einem Londoner Nobelhotel hatte der Gast sorgfältig die Zimmernummer abgeschraubt.

Die wirklich teuren Verluste für die Hotels liegen nach Aussagen von Björn Hanson, Professor am Tisch Center für Tourismus und Gastronomie der New York University, zwischen Schlapfen und Spannteppichen; dazu gehören beispielsweise Spa-Accessoires, Blumenvasen, Tabletts oder Butterdosen vom Zimmerservice. „Das kostet die Hotels mehr als Kugelschreiber und Shampoos, das Management führt darüber auch genau Buch“, so der Tourismusforscher in einem Interview mit Yahoo-Travel. Auch Kopfkissen zählen zu den Kostentreibern, wenn sie mit den Gästen die Zimmer verlassen.

„Das ist für die Hotels wirklich ein Thema“, so Hanson, schließlich kosteten diese bis zu 70 Euro. „In rund der Hälfte der Fälle bekommt der Gast dann einen Brief des Hotels, in dem es heißt: ,Wir hoffen, Ihnen gefällt unser Kopfpolster.‘ Dem Schreiben liegt eine entsprechende Rechnung bei“, erklärt er die Gepflogenheiten. Außerdem führten die Hotels über diese Gäste laut Hanson auch genau Buch. Und immer öfter finden sich in der Bettwäsche auch Chips, mit denen sich die Weiterreise verfolgen lässt. In deutsche oder argentinische Waschmaschinen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2015)

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