Konsularfälle: Ärger im Auslandsparadies

Notfälle. Österreichs Außenstellen helfen Bürgern im Ausland – von Entführungen bis hin zu Todesfällen.

Wien. Ob unter Palmen am Strand, mit Rucksack in den Bergen oder auf Städtereise – ist der lang ersehnte Urlaub einmal da, will niemand mehr so recht an Unfälle oder Katastrophen denken. Das erklärt wohl, warum sich Österreicher selbst von Terroranschlägen nur kurz abschrecken lassen. Denn auch in Ländern mit einer prekären Sicherheitslage wie Marokko, Tunesien und Ägypten habe sich die Zahl der Anfragen in Außenvertretungen über die Jahre kaum verändert, erklärt Außenamtssprecher Martin Weiss. Österreicher reisen also weiterhin unbeirrt an diese Destinationen.

Mit ebendiesen Anträgen von Österreichern, die im Ausland um Hilfe suchen, beginnt in den Konsulaten die Arbeit: 576.000 Konsularfälle verzeichnete das Außenministerium 2014 weltweit. Besonders schlimm für die Mitarbeiter seien Entführungen, schildert Weiss. Denn im Gegensatz zu Krisen wie Erdbeben könnten sie sich über Monate hinziehen. „Entführungen sind für unsere Mitarbeiter furchtbar, da sie ständig in der Furcht leben müssen, dass das Schlimmste passiert“, sagt er.

Rund um die Uhr verfolgen die Angestellten in solchen Fällen aktuelle Entwicklungen. Dafür pflegen sie auch engen Kontakt zu lokalen Behörden und Außenstellen anderer betroffener Staaten. Etwa im Fall des 39-jährigen Linzers, der im März auf einem Ölfeld in Libyen von Kämpfern des Islamischen Staats entführt wurde. „Wir haben bis heute keinen Lebensbeweis – und zum Glück nichts Gegenteiliges gehört“, sagt Weiss.

„Sind Österreicher betroffen?“

Egal, um welche Krise es sich handle, die erste Frage sei immer: „Sind Österreicher betroffen?“ So auch bei dem jüngsten Terroranschlag in Tunesien. „Anfangs herrscht meist Chaos. Es gibt viele unterschiedliche Informationen: Sind 37 oder 70 Menschen getötet worden?“, schildert Weiss. Auch wenn keine Österreicher direkt betroffen sind, stellt das Konsulat dennoch allen Staatsbürgern im Krisengebiet Hilfe zur Verfügung: von einer Bereitschaftshotline bis hin zu Informationen über alternative Ausreise- oder Übernachtungsmöglichkeiten.

Dabei machen Notfälle wie Entführungen, Anschläge oder Erdbeben nur einen kleinen Teil der Konsularfälle aus. Die Bandbreite ist groß: Verlorene oder gestohlene Pässe etwa gehören zum Hauptgeschäft der Außenvertretungen. 20.000 Reisepässe stellten sie 2014 weltweit aus. Auch Haftbesuche von im Ausland inhaftierten Österreichern zählen zur Arbeit der Konsulate – ebenso wie die Betreuung von Todesfällen österreichischer Staatsbürger im Ausland. 2014 waren es 777 – das sind im Durchschnitt zwei Todesfälle pro Tag. (maka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2015)

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